Außerklinische Intensivpflege richtet sich an schwerstkranke Patienten, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich und zu unvorhersehbaren Zeiten lebensbedrohliche Situationen auftreten können und deshalb die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft erforderlich ist.

Patienten, die außerklinische Intensivpflege benötigen, sind bisher auf Grundlage der häuslichen Krankenpflege versorgt worden. Durch das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz ist die außerklinische Intensivpflege als eigenständige Leistung festgelegt und kann seit 1. Januar 2023 auf Grundlage der Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie verordnet werden.

Anspruchsvoraussetzungen

Anspruch auf die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege haben Patienten mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege. Dies können sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche sein.

Ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege liegt vor, wenn die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft wegen Art, Schwere und Dauer der Erkrankung zur individuellen Kontrolle, Einsatzbereitschaft und sofortigen Intervention, bei lebensbedrohlichen Situationen, erforderlich ist. Dabei treten lebensbedrohliche Situationen mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich auf, wobei der Zeitpunkt im Voraus nicht bestimmbar ist.

Der Anspruch auf außerklinische Intensivpflege umfasst die medizinische Behandlungspflege, die zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Des Weiteren enthält der Anspruch eine Beratung durch die Krankenkasse, insbesondere zur Auswahl des geeigneten Leistungsorts. Außerklinische Intensivpflege kann bei Betroffenen zu Hause erfolgen, in vollstationären Pflegeeinrichtungen, Beatmungs-Wohngemeinschaften, betreuten Wohnformen, Schulen, Kitas oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Verordnung außerklinischer Intensivpflege liegen vor, wenn:

  • wegen Art, Schwere und Dauer der Erkrankung die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft notwendig ist

  • mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich unvorhersehbare lebensbedrohliche Situationen auftreten

  • eine sofortige ärztliche/pflegerische Intervention erforderlich ist

  • der genaue Zeitpunkt und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können

Vor der Verordnung von Außerklinischer Intensivpflege muss bei beatmeten oder trachealkanülierten Patienten eine aktuelle Potenzialerhebung vorliegen oder eingeleitet werden.

Ziel der Potenzialergebung ist die Möglichkeit der Reduzierung der Beatmungszeit bzw. der Möglichkeit zur Therapieoptimierung. Das Ergebnis der Potenzialerhebung darf zum Zeitpunkt der Verordnung nicht älter als 3 Monate sein und ist mindestens alle 6 Monate durchzuführen.

Ärzte, die zur Verordnung und Potenzialerhebung berechtigt sind, können beide Aufgaben übernehmen. Ein „Vier-Augen-Prinzip“ gilt für Fälle, bei denen voraussichtlich langfristig kein Beatmungs- oder Dekanülierungspotential vorliegt und damit die regelmäßige Potenzialerhebung nicht notwendig wird. Hier gilt: Wer verordnet, darf nicht das Potenzial erheben und umgekehrt.

Dekanülierung und Entwöhnung dauerhaft nicht möglich:

Wird bei der Potenzialerhebung festgestellt und dokumentiert, dass keine Aussicht auf nachhaltige Besserung der zugrunde liegenden Funktionsstörung besteht und eine Dekanülierung und Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist, muss die Erhebung nur alle 12 Monate durchgeführt werden. Wird 2 Jahre in Folge, auf Grundlage von mindestens 2 persönlichen Potenzialerhebungen festgestellt und dokumentiert, dass keine Aussicht auf Besserung vorliegt, können weitere Erhebungen entfallen.

Potenzialerhebende Ärzte:

Zur Potenzialerhebung sind nur bestimmte qualifizierte Vertragsärztinnen und Vertragsärzte berechtigt:

Bei Erwachsenen:

  • Fachärzte mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin / für Innere Medizin und Pneumologie / für Anästhesiologie mit mindestens sechsmonatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit / für Innere Medizin, Chirurgie, Neurochirurgie, Neurologie oder Kinder- und Jugendmedizin mit mindestens 12-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer Beatmungsentwöhnungs-Einheit

  • weitere Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit

  • bei nicht beatmeten Patienten auch Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer stationären Einheit der neurologisch-neurochirurgischen Früh-Reha

Bei Kindern und Jugendlichen:

  • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Pneumologie

  • Fachärzte mit jeweils einschlägiger Tätigkeit in der Behandlung von langzeitbeatmeten oder trachealkanülierten, nicht beatmeten Kindern und Jugendlichen auf einer hierfür spezialisierten stationären Einheit, in einer entsprechend hierfür spezialisierten Hochschulambulanz oder in einem entsprechend hierfür spezialisierten sozialpädiatrischen Zentrum:

    • Fachärzte für Anästhesiologie: mindestens sechs Monate Tätigkeit

    • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin: mindestens zwölf Monate Tätigkeit

    • weitere Fachärzte: mindestens 18 Monate Tätigkeit

Bei jungen Volljährigen kann die Erhebung bei einschlägiger Tätigkeit in der Behandlung von langzeitbeatmeten oder trachealkanülierten, nicht beatmeten Versicherten in einem hierfür spezialisierten medizinischen Behandlungszentrum zusätzlich erfolgen durch:

  • Fachärzte für Anästhesiologie: mindestens sechs Monate Tätigkeit

  • weitere Fachärzte: mindestens 18 Monate Tätigkeit

Auch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte oder Krankenhäuser können eine Genehmigung zur Potenzialerhebung beantragen und nehmen zu diesem Zweck an der Vertragsärztlichen Versorgung teil.

Hinweis
Die Potenzialerhebung ist in jedem Fall eine durch die KV Sachsen genehmigungspflichtige Leistung.

Alle Informationen zur Genehmigung sowie die Antragsformulare finden Sie unter:

Für Praxen > Qualität > Genehmigungspflichtige Leistungen > Außerklinische Intensivpflege – AKI

Zu den Aufgaben des verordnenden Arztes gehören die Koordination der Behandlung, die Zusammenarbeit mit den Pflegefachkräften und weiteren Beteiligten. Des Weiteren ist der verordnende Arzt für die rechtzeitige Einleitung der Potenzialerhebung bei beatmete oder trachealkanülierte Patienten verantwortlich.

Verordnung bis Ende 2024 auch ohne Potenzialerhebung möglich:

Da aktuell noch nicht absehbar ist, ob eine ausreichende Anzahl an Ärzten zur Durchführung der Potenzialerhebung zur Verfügung stehen und zudem die regionale Verteilung sehr unterschiedlich ist, gilt befristet bis 31. Dezember 2024, dass eine Potenzialerhebung vor jeder Verordnung bei beatmete oder trachealkanülierte Patienten durchgeführt werden „soll“ (nicht „muss“). Voraussetzung ist, dass nicht gewährleistet werden kann, dass ein zur Potenzialerhebung qualifizierter Arzt vor der Verordnung rechtzeitig zur Verfügung steht. Das muss auf dem Muster 62B unter Weitere Erläuterungen dokumentiert werden.

Hinweis
Bitte beachten Sie, dass Verordnungen von Leistungen zur außerklinischen Intensivpflege nach der HKP-Richtlinie nur bis einschließlich 30. Oktober 2023 möglich waren. Ab dem 31. Oktober 2023 haben diese ihre Gültigkeit verloren.

Verordnende Ärzte:

Eine Verordnung der Außerklinische Intensivpflege für beatmete oder trachealkanülierte Patienten können folgende Vertragsärzte ohne Genehmigung der KV Sachsen ausstellen:

  • Fachärzte mit Genehmigung zur Potenzialerhebung,

  • Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin,

  • Fachärzte für Innere Medizin und Pneumologie,

  • Fachärzte für Anästhesiologie,

  • Fachärzte für Neurologie,

  • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin

Vertragsärzte anderer Fachgruppen, welche über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Patienten verfügen oder sich diese im Rahmen einer geeigneten Fortbildung in den nächsten 6 Monaten aneignen, benötigen vor der Verordnung der Außerklinischen Intensivpflege eine Genehmigung der KV Sachsen.

Für Patienten, die weder beatmungspflichtig noch trachealkanüliert sind, erfolgt die Verordnung der AKI durch die Fachärzte, die auf die außerklinische Intensivpflege auslösende Erkrankung spezialisiert sind oder durch Einbeziehung eines auf die Erkrankung spezialisierten Konsiliararztes. Der Konsilpartner ist auf der Verordnung anzugeben. Das beantragen einer Genehmigung bei der KV Sachsen ist vor der Verordnung nicht erforderlich.


Formular Muster 62

Für die Verordnung der Leistung der außerklinischer Intensivpflege gelten seit 1. Januar 2023 neue Formulare.

Eine ausführliche Hilfe zum Ausfüllen der Formulare finden Sie hier: Vordruckerläuterung Formular 62

Hinweis
Bitte beachten Sie, dass Verordnungen von Leistungen zur außerklinischen Intensivpflege nach der HKP-Richtlinie nur bis einschließlich 30. Oktober 2023 möglich waren. Ab dem 31. Oktober 2023 haben diese ihre Gültigkeit verloren.

Folgende Angaben werden bei beatmeten oder trachealkanülierten Patienten erhoben und dokumentiert:

  • Potenzial zur Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur Beatmungsentwöhnung (Weaning)

  • Potenzial zur Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung

  • Potenzial zur Entfernung der Trachealkanüle (Dekanülierung) bzw. Möglichkeiten der Therapieoptimierung und die jeweils zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen

Ist die Beatmung/Trachealkanüle dauerhaft indiziert oder eine Dekanülierung bzw. Entwöhnung zum Zeitpunkt der Erhebung nicht möglich oder erkennbar, sind die konkreten Gründe entsprechend zu dokumentieren.

Besteht keine Aussicht auf eine nachhaltige Besserung und ist eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich, ist die Potentialerhebung mindestens alle 12 Monate durchzuführen. Wird dies innerhalb von 2 Jahren der Patientenbeobachtung zweimal in Folge festgestellt und dokumentiert, können weitere Erhebungen entfallen.

Weitere Informationen finden Sie unter Potenzialerhebung.

Erstverordnung

Die Erstverordnung der außerklinischen Intensivpflege erfolgt vorwiegend im Rahmen des Entlassmanagements im Krankenhaus. Die Verordnungsdauer ist dabei auf max. 7 Tage begrenzt. Um eine Anschlussversorgung des Patienten zu gewährleisten, muss der weiterbehandelnde Vertragsarzt vom Krankenhaus rechtzeitig informiert werden.

Erfolgt die Erstverordnung durch einen Vertragsarzt, kann die Verordnung für einen Zeitraum von bis zu 5 Wochen ausgestellt werden.

Folgeverordnung

Die Folgeverordnung der außerklinischen Intensivpflege kann grundsätzlich für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten ausgestellt werden.

Bei beatmeten oder trachealkanülierten Patienten, für die keine Aussicht auf nachhaltige Besserung der zu Grunde liegenden Funktionsstörung besteht und für die eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist, ist eine Folgeverordnung für bis zu 12 Monate möglich.

Rückseite

Die Rückseite ist zum Ausfüllen durch den Patienten bzw. Pflegedienst vorgesehen.

Der Behandlungsplan ist vom verordnenden Arzt zu erstellen und der Verordnung beizulegen. Bei Änderungen mit Auswirkungen auf Inhalt und Umfang der Leistungen der Außerklinischen Intensivpflege (z.B. Bedarf, klinischer Status, relevante Kontektfaktoren) ist der aktualisierte Plan erneut der Krankenkasse vorzulegen.