Hilfsmittel sind sächliche Mittel oder technische Produkte. Zu Ihnen gehören beispielsweise Sehhilfen, Hörhilfen, Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel wie Inkontinenzhilfen, Kompressionsstrümpfe oder Rollstühle. Sie dienen dazu, drohenden Behinderungen vorzubeugen, eine Behinderung auszugleichen beziehungsweise den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern. Hilfsmittel dienen auch dazu, Arzneimittel oder andere Therapeutika in den menschlichen Körper einzubringen (z. B. bestimmte Spritzen, Inhalationsgeräte oder Applikationshilfen).

Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung. Voraussetzung ist, dass die Produkte im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Behandlung zu sichern, eine Behinderung auszugleichen oder einer drohenden Behinderung vorzubeugen. Geregelt ist der Anspruch im § 33 SGB V. Hilfsmittel müssen von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Bei der Verordnung von Hilfsmitteln gibt es keine Richtgrößen (und somit kein Budget). Grundsätzlich unterliegen alle ausgestellten Hilfsmittelverordnungen dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach Paragraf 12 SGB V. Die Leistungen müssen demnach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Hilfsmittel können von den gesetzlichen Krankenkassen auch leihweise überlassen werden. Insbesondere ist dies für hochwertige technische Produkte wie Rollstühle oder Beatmungsgeräte vorgesehen und auch beispielsweise für Babywagen oder Milchpumpen. Auch Wartungen und Reparaturen fallen in die Leistungspflicht der GKV.

Die Richtlinie regelt die Verordnung von Hilfsmitteln durch Vertragsärzte sowie durch Krankenhäuser im Rahmen des Entlassmanagements. Sie dient der Sicherung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.

Im Einzelnen werden die Leistungspflicht der Krankenkassen, allgemeine Verordnungsgrundsätze, der Inhalt einer Verordnung, sowie die Abgabe von Hilfsmitteln geregelt.

Detaillierte Regelungen liegen zu Verordnungen von Sehhilfen und Hörhilfen vor.

Zudem beinhaltet die Richtlinie allgemeine Anforderungen an das vom GKV-Spitzenverband zu erstellende Verzeichnis verordnungsfähiger Hilfsmittel (§ 4 Hilfsmittel-Richtlinie).
Hilfsmittel-Richtlinie 
 

 

Im GKV-Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnis werden Produkte in Produktgruppen gelistet, die unter die Leistungspflicht der Gesetzlichen Kranken- oder Pflegeversicherung fallen. Das Pflegehilfsmittelverzeichnis (Produktgruppen 50-54 und 98) ist somit integriert.

Das Verzeichnis ist jedoch keine abschließende oder verbindliche Positivliste! Es ist vielmehr als Orientierungs- und Auslegungshilfe zu sehen. Somit können auch darin nicht aufgeführte Hilfsmittel unter die Leistungspflicht nach § 33 SGB V fallen.

Das Verzeichnis wird vom GKV-Spitzenverband erstellt und regelmäßig fortgeschrieben.

GKV Hilfsmittelverzeichnis

 

Allgemeine Hilfsmittel sind auf einem gesonderten Vordruck Muster 16 getrennt von Arznei- und Verbandmitteln zu verordnen und mit der Ziffer „7“ im vorgesehenen Statusfeld (Hilfsmittel) zu kennzeichnen.

Sehhilfen werden auf Muster 8 und vergrößernde Sehhilfen auf Muster 8A durch Augenärzte verordnet.

Hörhilfen werden auf Muster 15 durch die HNO-Ärzte bzw. Phoniater oder Pädaudiologen verordnet.

Auf dem Vordruck Muster 16 müssen nach den Verordnungsgrundsätzen der Richtlinie folgende Angaben gemacht werden:

  • Verordnungsdatum

  • Diagnose

  • die Bezeichnung des Hilfsmittels (Produktart oder 7-stellige Positionsnummer) nach Maßgabe des Hilfsmittelverzeichnisses - soweit dort aufgeführt

  • die Anzahl

  •  ggf. Hinweise (z. B. über Zweckbestimmung, Art der Herstellung, Material, Abmessungen), die eine funktionsgerechte Anfertigung, Zurichtung oder Abänderung durch den Lieferanten gewährleisten,

  • die notwendigen Angaben sind ggf. gesondert der Verordnung beizufügen

  • bei Einmalartikeln: Angabe des Tages oder Monatsbedarfs bzw. des Versorgungszeitraumes

Die Gültigkeit einer Hilfsmittelverordnung beträgt 28 Kalendertage.

Das Einzelprodukt wird grundsätzlich vom Leistungserbringer (Fachhandel, Apotheken etc.) nach Maßgabe der mit den Krankenkassen abgeschlossener Verträge zur wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten ausgewählt, wobei die Verantwortung für die Auswahl und Abgabe eines wirtschaftlich günstigen Hilfsmittels beim Leistungserbringer liegt. Im Ausnahmefall kann der Arzt eine Einzelproduktverordnung vornehmen. Eine entsprechende Begründung ist dabei jedoch erforderlich (§7 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie)

Mit der 2007 in Kraft getretenen Fassung des § 127 SGB V ist es möglich, dass aus verschiedenen Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses die Versorgung über Leistungserbringer erfolgt, die über ein Ausschreibungsverfahren oder über so genannte Verhandlungsverträge zu Vertragspartnern der Krankenkassen geworden sind. Damit werden Patienten größtenteils nicht mehr über alle Fachhändler bzw. Apotheken versorgt, sondern direkt über die Vertragspartner der jeweiligen Krankenkassen.

Der Einsatz von Kompressionsstrümpfen (Produktgruppe 17 des Hilfsmittelverzeichnisses) kommt am häufigsten vor bei der Behandlung von Venenleiden der unteren Extremitäten. Die Kompressionstherapie kann darüber hinaus auch bei chronischen Erkrankungen des Lymphgefäßsystems, bei Lipödemen, Lipo-Lymphödemen und bei Phlebo-Lymphödemen sowie bei der Behandlung von hypertrophen Narben und Keloiden zum Einsatz kommen.

Es wird unterschieden in Wadenstrümpfe, Halbschenkelstrümpfe, Schenkelstrümpfe, Strumpfhosen, Caprihosen, Bermudahosen, Leggins und Radlerhosen.

Die Produkte werden in vier Kompressionsklassen (KKL 1-4) unterschieden. Wobei die KKL 1 die geringste Kompression und die KKL 4 die höchste Kompression aufweist. Sie werden gegliedert in Serienfertigung (erfolgt immer im Rundstrickverfahren), rundgestrickte Maßanfertigung und flachgestrickte Maßanfertigung.  

Bei Indikationsstellung ist nicht immer eine starre Zuordnung von Krankheitsbildern/Schädigungen zu Kompressionsklassen möglich. Es spielen auch individuelle Faktoren für die Akzeptanz der Kompressionstherapie eine entscheidende Rolle. So dienen die Zuordnungen von KKL zu Krankheitsbildern im Hilfsmittelverzeichnis unter der jeweiligen Produktart nur der Orientierung.

Für die Versorgung mit Hilfsmitteln zur Kompressionstherapie sind die jeweils gültigen Leitlinien zu beachten.

Die Mindesthaltbarkeit von Kompressionsstrümpfen beträgt bei regelmäßiger Nutzung in der Regel 6 Monate.

Bei Änderung relevanter Körpermaße (z.B. Gewichtsreduktion, Therapieerfolg), kann eine Folgeversorgung auch früher plausibel sein.

Auch schließt die Hilfsmittelrichtlinie eine Mehrfachausstattung mit Hilfsmitteln z.B. hygienischen Gründen nicht aus. Wir empfehlen in diesem Fall den Grund auf der Verordnung anzugeben.

Hilfsmittel mit Sicherheitsmechanismus (z. B. Injektions-, Port- oder Pen-Kanülen) zum Schutz von Dritten vor Nadelstichverletzungen bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten für Patienten mit definierten Einschränkungen können jetzt zu Lasten der GKV verordnet werden.

Ein entsprechender Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist hierzu am 15. Februar 2020 in Kraft getreten.

Persönliche Einschränkungen:

Der Anspruch auf Hilfsmittel mit Sicherheitsmechanismus mit Schutz vor Nadelstichverletzungen besteht für Patienten, die selbst nicht in der Lage sind, das Hilfsmittel anzuwenden und hierfür auf Hilfe Dritter angewiesen sind.
Diese Anforderungen liegen insbesondere bei folgenden Einschränkungen vor:

  • hochgradige Einschränkung der Sehfähigkeit

  • erhebliche Einschränkung der Grob- und Feinmotorik der oberen Extremitäten

  • starke Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit (Patient ist zu schwach, das Hilfsmittel eigenständig zu nutzen)

  • starke Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit oder Realitätsverlust

  • entwicklungsbedingte, nicht vorhandene Fähigkeit, die Tätigkeit zu erlernen oder selbstständig durchzuführen

Die Verordnung von Sicherheitsprodukten ist nur für Verrichtungen möglich, die der Patient grundsätzlich selbstständig durchführen könnte. Nur wenn es dem Patienten unmöglich ist, das Hilfsmittel eigenständig zu nutzen, ist eine Leistungspflicht der GKV für die Hilfsmittel mit Sicherheitsmechanismus gegeben.

Werden dagegen rein ärztliche oder rein pflegerische Tätigkeiten ausgeführt, die der Patient nicht eigenständig durchführen kann, besteht kein Anspruch. Dies ist bei ärztlichen oder pflegerischen Tätigkeiten der Fall, bei denen die ausführende Person in der Anwendung des Medizinproduktes ausgebildet sein muss. Deshalb scheidet in diesem Fall ein Bezug über den Sprechstundenbedarf aus.

Die helfenden dritten Personen, wie z. B. Angehörige, haben die Möglichkeit, sich in die Handhabung des Sicherheitsmechanismus einweisen zu lassen.

Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung für Dritte:

Nachfolgende Tätigkeiten wurden durch den G-BA definiert, bei denen eine Infektionsgefährdung Dritter angenommen wird:

  • Blutentnahmen zur Gewinnung von Kapillarblut

  • subkutane Injektionen

  • subkutane Infusionen

  • perkutane Punktion eines Portsystems zur Infusion

  • Setzen eines subkutanen Sensors (z. B. bei einem rtCGM Gerät)

Somit können zum Beispiel für Diabetiker, bei denen wegen der körperlichen bzw. geistigen Einschränkung der Patienten Pflegekräfte oder Angehörige die Punktion und Messung des Blutzuckerwertes sowie die Injektion des Insulins übernehmen, entsprechende Sicherheitslanzetten verordnet werden.

Der Abgrenzungskatalog der Spitzenverbände der Krankenkassen zugleich handelnd als Spitzenverbände der Pflegekassen zur Hilfsmittelversorgung in stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheimen) zeigt die Hilfsmittel auf, die grundsätzlich zur Ausstattung eines Pflegeheimes zählen bzw. für die eine Leistungspflicht der Krankenkasse nach § 33 SGBV besteht.

Pflegeheime müssen nötige Hilfsmittel zur Grundpflege bereitstellen. Im Regelfall sind das die Hilfsmittel der Produktgruppen 50-54 des Pflegehilfsmittelverzeichnis und insbesondere, wenn diese für mehrere Patienten eingesetzt werden können. Sie fallen daher grundsätzlich nicht in den Zuständigkeitsbereich der GKV. Wie zum Beispiel Toilettenstühle, Badehilfen, Bettpfannen, Pflegebetten.

In den Leistungsbereich der GKV fallen dagegen Hilfsmittel zur Behandlungspflege oder sofern die Entstehung einer Krankheit oder Behinderung unmittelbar droht bzw. eine Behinderung ausgeglichen wird.

Generell dürfen Sie Hilfsmittel zulasten der GKV verordnen, wenn diese:

  • medizinisch indiziert und im Einzelfall erforderlich sind

  • individuell für den einzelnen Patienten angepasst werden und nur für ihn bestimmt und grundsätzlich auch nur für ihn verwendbar sind (z. B. Hörgerät, Brille, Gehstock, Prothesen etc.)

  • zur Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses dienen und nur vom Patienten genutzt werden(z. B. Beantragung eines eigenen Rollstuhls für regelmäßige Aktivitäten außerhalb des Pflegeheims).

Eine genaue Abgrenzung der Leistungspflicht für notwendige Hilfsmittel im Pflegeheim ist nicht immer möglich. Im Zweifelsfall entscheidet die Krankenkasse unter Einbeziehung des MDK über die Leistungspflicht.

Hinweis:

Im häuslichen Bereich ist die Pflegekasse für die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln (Produktgruppe 50-54 Pflegehilfsmittelverzeichnis) zuständig.

Abgrenzungskatalog Hilfsmittelversorgung Pflegeheime

 

Zur Empfehlung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln durch Pflegefachkräfte ist die Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes  seit 1. Januar 2022 Grundlage. Damit dürfen Pflegefachkräfte bestimmte Pflegehilfsmittel der Produktgruppen 50 bis 54 oder auch doppelfunktionale Hilfs- bzw. Pflegehilfsmittel für Pflegebedürftige empfehlen, und diese ohne zusätzliche ärztliche Verordnung für den Pflegebedürftigen bei der Krankenkasse beantragen. Die Richtlinie regelt, welche fachlichen Anforderungen die Pflegefachkräfte erfüllen müssen und welche Hilfs- und Pflegehilfsmittel sie in welchen Fällen empfehlen dürfen.

Die Voraussetzungen sind:

  • die Pflegefachkräfte betreuen die Betroffenen selbst

  • die Pflegebedürftigen benötigen die Hilfsmittel im häuslichen Umfeld

Die empfohlenen Hilfs- und Pflegehilfsmittel müssen:

  • zur Erleichterung der Pflege oder

  • zur Linderung der Beschwerden beitragen oder

  • dem Pflegebedürftigen eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen.

Nicht alle im Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgeführten Produkte, dienen dieser Zielsetzung. Die Hilfs- und Pflegehilfsmittel, die Pflegefachkräfte empfehlen können, sind im Anhang II der neuen Richtlinie aufgelistet. Dazu zählen beispielsweise Produkte wie Duschhilfen, Toilettenstühle, Pflegebetten oder Lagerungsrollen.

Pflegekräfte nutzen zur Empfehlung der Leistung das dafür vorgesehene Formular in Anhang I zur Richtlinie. Dieses leiten die Patienten an einen Hilfsmittel-Leistungserbringer weiter, der hiermit innerhalb von zwei Wochen ab Ausstellung einen Leistungsantrag bei der Kranken- beziehungsweise Pflegekasse stellt.

Bei der Entscheidung über eine Empfehlung müssen Pflegekräfte das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten – die Krankenkassen prüfen die Wirtschaftlichkeit der empfohlenen Hilfsmittelversorgung.

Für die Versorgung in vollstationären Pflegeeinrichtungen ist weiterhin die Einrichtung selbst verantwortlich.