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Zielwertprüfung Arzneimittel


Angebot: Nutzen Sie im Falle eines Prüfverfahrens das Beratungs- und Serviceangebot der KV Sachsen.

Grundlagen
  • Paragraphen 12, 84, 106 SGB V
  • Prüfungsvereinbarung (insbesondere Anlage 1a Teil A)
  • Arzneimittelvereinbarung

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz), das in seinen wesentlichen Teilen am 23. Juli 2015 in Kraft trat, nutzten die Vertragspartner der Prüfungsvereinbarung Sachsen zum 1. Januar 2017 erstmals die Möglichkeit, die Richtgrößenprüfung abzulösen. Um den sächsischen Ärzten genug Zeit zu geben, sich auf die neue Prüfart vorzubereiten, wurden zunächst nur fachgruppenspezifische Zielwerte vereinbart, die Richtgrößenprüfung jedoch weiterhin als Prüfart beibehalten. Seit 1. Januar 2018 wird die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelverordnungen zahlreicher Ärzte ausschließlich über die Zielwertprüfung bewertet.

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Was wird geprüft?

Für die betroffenen Prüfgruppen werden jährlich entsprechende Wirtschaftlichkeitsziele in Form von Zielwerten für vorrangig einzusetzende Wirkstoffe mit den Krankenkassen vereinbart. Dabei orientieren sich die Zielwerte grundsätzlich an den durchschnittlichen Anteilen der Wirkstoffe in der betreffenden Prüfgruppe – bezogen auf die definierten Tagesdosen (DDD – defined daily dose). Bei einzelnen Zielen (z. B. Biosimilarquoten), in denen die sächsischen Durchschnittswerte die des Bundes deutlich unterschreiten, dient der Bundesdurchschnitt als Orientierung.

Verordnungen, die außerhalb jeglicher Ziele liegen oder Ziele betreffen, die für andere Prüfgruppen gelten, werden nicht in die Zielwertprüfung einbezogen. Nichtsdestotrotz gilt für diese Verordnungen das Wirtschaftlichkeitsgebot, so dass entsprechende Verordnungen auf Antrag der jeweiligen Krankenkasse durch die Prüfgremien auf Zulässigkeit bzw. Wirtschaftlichkeit geprüft werden können.

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Wie wird geprüft?

Geprüft werden (analog der Richtgrößenprüfung) alle einer Prüfgruppe zugeordneten Ärzte innerhalb einer Betriebsstätte, die ihre Zielwerte am weitesten unterschritten haben, wobei grundsätzlich nicht mehr als 5 % jeder Prüfgruppe in die Zielwertprüfung einbezogen werden sollen. Der Prüfzeitraum beträgt ein Kalenderjahr.

In die Prüfung einbezogen werden die Ärzte, die ihre Ziele insgesamt nicht eingehalten haben, das heißt, ein verfehltes Ziel kann durch die „Übererfüllung“ anderer Ziele ausgeglichen werden. Dabei genügt es aber nicht, allein die Anzahl der bis zur Zielerfüllung fehlenden Tagesdosen auszugleichen, da die Kosten je Tagesdosis unterschiedlich hoch sind. Ein verfehltes Ziel mit hohen DDD-Kosten kann somit nur durch eine deutliche Übererfüllung eines anderen Ziels mit niedrigen DDD-Kosten ausgeglichen werden.

Eine Verfehlung des Zielwertes um maximal 5% (z. B. Zielwert: 82,5 % -> Toleranzgrenze: 78,375 %) gilt nicht als auffällig. Ärzte, die weniger als drei ihrer vorgegebenen Ziele im Prüfzeitraum bedient haben, erhalten eine höhere Toleranz, da ihre Ausgleichsmöglichkeiten zwischen den Zielen geringer sind. Obgleich der Medikationskatalog mit nur einem indikationsübergreifenden Zielwert belegt ist, wird er der Fairness halber bei der Bestimmung der Zieltoleranz in die verschiedenen Indikationsgebiete (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen oder Atemwegserkrankungen) aufgeteilt.

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Berücksichtigung von Rabattverträgen und Praxisbesonderheiten

Die KV Sachsen konnte erreichen, dass rabattierte Arzneimittel auf der Zielsubstanzseite aufgewertet und rabattierte Arzneimittel auf der Nichtzielsubstanzseite abgewertet werden. Das heißt, sie gehen mit 1,1 bzw. 0,9 anstatt mit 1,0 DDD in die Berechnung ein. Außerdem vermindert sich ein ggf. festzusetzender Regress, je höher die Rabattbedienquote des Arztes im Gesamtmarkt ist.

Die aus der Richtgrößenprüfung bekannte Praxisbesonderheitenliste findet in der Zielwertprüfung keine Anwendung, denn eine Substanz, die unter Ziel gestellt wurde, kann selbst nicht gleichzeitig Praxisbesonderheit sein. Dennoch kann es in der Praxis- bzw. Patientenstruktur begründet sein, dass ein Wirtschaftlichkeitsziel nicht erfüllbar ist. In diesem Fall hat der Arzt die Möglichkeit, im Rahmen der Stellungnahme zum Prüfverfahren beispielsweise unter Bezugnahme auf eine bestehende größere Diagnosehäufigkeit eine Praxisbesonderheit zu erläutern bzw. zu begründen, die dann von der Prüfungsstelle zu bewerten ist. Anerkannte Praxisbesonderheiten sollen in den Folgejahren bei erneuter statistischer Auffälligkeit bereits in der Vorab-Prüfung in angemessenem Umfang pauschal berücksichtigt werden.

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Die Prüfungsstelle hat entschieden. Und nun?

Wie in der Richtgrößenprüfung kann es dazu kommen, dass Ärzte nach der Zielwertprüfung „keine Maßnahme“ erhalten; nämlich dann, wenn nach der Prüfung durch Anerkennung von Praxisbesonderheiten die Zielwertverfehlung ausreichend begründet werden konnte. Wurde nach Abschluss der Prüfung nicht jedes einzelne Ziel jedoch die Auffälligkeitsgrenze insgesamt eingehalten, erhält der Arzt eine „einfache“ Beratung, das heißt, er gilt durch diese Prüfung nicht als erstmalig auffällig. Wird die Auffälligkeitsgrenze nicht erreicht, gilt der Arzt als auffällig und es ist zu prüfen, ob ein Regress festzusetzen ist oder aufgrund erstmaliger Auffälligkeit eine „Beratung vor Regress“ erfolgt.

Als erstmalig auffällig gelten gemäß der Rahmenvereinbarung auf Bundesebene Ärzte, deren letzter Regress oder bei denen die Beratung vor Regress vor mehr als fünf Jahren formal bestandskräftig wurde. Dabei sind bei der Zielwertprüfung auch rechtskräftige Entscheidungen aus der Arzneimittel-Richtgrößenprüfung einzubeziehen. Ein „Auf-Null-Stellen“ gibt es somit nicht. Ärzte, welche sich erstmals niederlassen bzw. an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, erhalten in den ersten beiden Prüfzeiträumen der Niederlassung keine Maßnahme.

Sollte ein Regress festgesetzt werden, ist dieser wie in der Richtgrößenprüfung in den ersten beiden Jahren nach erfolgter Beratung auf insgesamt 25.000 € begrenzt.

Der geprüfte Arzt hat grundsätzlich das Recht, gegen den rechtsbehelfsfähigen Bescheid der Prüfungsstelle Widerspruch einzulegen. Dieser entfaltet aufschiebende Wirkung, das heißt, ein ausgesprochener Regress wird nicht sofort umgesetzt. Es findet nunmehr eine erneute Prüfung des Sachverhaltes statt, an dessen Ende eine rechtsmittelfähige Entscheidung des Beschwerdeausschusses steht. Zu diesem Zeitpunkt entfällt die aufschiebende Wirkung und ein vom Beschwerdeausschuss festgesetzter Regress wird sofort fällig. Daran ändert auch eine hiergegen gerichtete Klage beim Sozialgericht nichts.