Ostsachsen wird „Region der Lebensretter“
Einführung einer Ersthelfer-App geplant
Im Notfall zählt jede Sekunde: Lebensrettende Maßnahmen bis zum Eintreffen des Rettungsteams durchzuführen, hat Einfluss auf das Überleben von Betroffenen. Es gibt viele Menschen, die als Ersthelfer in solchen Situationen tätig werden können. Der Aufgabe, diese zu vernetzen, haben sich Ärzte, Hilfsorganisationen und Rettungsleitstellen gestellt und eine Ersthelfer-App entwickelt, die seit 2018 in einigen Regionen Baden-Württembergs und Bayerns im Einsatz ist.
Rettungsleitstellen können mittels der App registrierte Ersthelfer über Smartphone in der unmittelbaren Nähe des Notfalls orten und alarmieren. Diese professionellen Retter, die in den ersten drei bis fünf Minuten nach einem Herz-Kreislaufstillstand eintreffen, können die Überlebenschance von Patienten verdoppeln bis vervierfachen.
In diesem Jahr soll auch Ostsachsen zur „Region der Lebensretter“ werden. Das Projekt wird durch die Integrierte Rettungsleitstelle IRLS Ostsachsen und das Klinikum Oberlausitzer Bergland getragen. Um die kostenlos nutzbare App einzuführen, werden aktuell Spenden und Sponsoren akquiriert. Neben einer finanziellen Förderung lebt das Projekt auch von einem hohen Bekanntheitsgrad der App. Nach der Registrierung als Ersthelfer ist das Herunterladen der App unter u. g. Internetadresse möglich.
Informationen
www.regionderlebensretter.de
– Nach Information des Vereins Region der Lebensretter e. V. –
Investoren-Schlacht um Deutschlands Arztpraxen
Die Renditejagd im Gesundheitswesen verschärft sich: Arztpraxen sind mittlerweile ein begehrtes Spekulationsobjekt, offenbart eine aktuelle Recherche von ARD und NDR. Der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Virchowbund) fordert erneut konkrete Gesetzesänderungen ein.
Betroffen sind neben Zahnarztpraxen inzwischen auch andere Fachgruppen, wie Augenärzte, Radiologen, Nephrologen, Gynäkologen und auch Internisten und Hausärzte. Gleichzeitig gibt es deutliche Hinweise, dass MVZ-Ketten in Investorenhand die Behandlungskosten in die Höhe treiben, ohne die Qualität der Versorgung zu verbessern. Oft sogar im Gegenteil.
Straffere Prozesse und gebündelte Verwaltungskosten alleine reichen in vielen Praxen nicht aus, um die zweistellige Renditeerwartung eines professionellen Investors zu befriedigen. Ein wichtiger Hebel zur Gewinnmaximierung ist daher die Abrechnung. Eine Studie des IGES Instituts aus dem Jahr 2020 kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass investorengeführte Praxisketten „vermehrt betriebswirtschaftlich attraktivere Leistungen erbringen, während sie weniger attraktive Leistungen vernachlässigen.“ Auch gegenüber ARD und NDR berichten Insider von unnötigen Zahnfüllungen und Operationen.
Der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dr. Dirk Heinrich, ist nicht überrascht von den jüngsten Enthüllungen der Journalisten. „Investoren erwarten Gewinn, Rendite. Dieses Geld muss im Gesundheitswesen erst verdient werden – auch auf dem Rücken der Versicherten. Das Problem und seine Ursachen, u. a. verfehlte Anreize und unzureichende Steuerung, sind seit Langem bekannt. Wir haben auch bereits vor Jahren einen Katalog an möglichen Gegenmaßnahmen auf den Tisch gelegt. Die Politik müsste diesen nur aufgreifen und sowohl Patienten als auch inhabergeführte Arztpraxen endlich besser schützen.“
Eine Hauptforderung des Virchowbundes ist ein Transparenz-Register für MVZ. Zukünftig müsse bei jedem Konstrukt oder jeder Gesellschaftsform der wirtschaftlich Berechtigte sofort und klar erkennbar sein. Jeder Patient solle wissen können, wem der wirtschaftliche Ertrag aus der Gesundheitseinrichtung zufließt. Zum Beispiel soll der „wirtschaftlich Berechtigte“ auf dem Praxisschild eines investorengeführten MVZ ausgewiesen werden.
Zweitens sollen MVZ-Neugründungen nur noch als gGmbH möglich sein. Dadurch werden sie per Rechtsform auf Gemeinnützigkeit verpflichtet. Zum Beispiel dürfen dann keine hohen Renditen mehr an Anleger ausbezahlt werden. Damit wird auch sichergestellt, dass Gewinne nicht das Hauptziel des Unternehmens sind, sondern allenfalls ein Nebeneffekt. „Natürlich ist auch ein klassischer Praxisinhaber darauf angewiesen, dass die Praxis Gewinn abwirft. Dabei geht es aber einerseits um Verhältnismäßigkeiten. Andererseits reinvestieren Praxisinhaber einen Teil des Gewinns in Personal, Geräte und Praxisausstattung“, erklärt Dr. Heinrich.
Um bloße Spekulation mit raschen Wiederverkäufen zu verhindern, schlägt der Virchowbund zudem vor, MVZ-Trägern die Zulassung zu entziehen, wenn innerhalb von fünf Jahren die Mehrheit der Gesellschaftsanteile veräußert wird oder die wirtschaftlich berechtigten Personen wechseln.
Der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte betont auch, dass Fremdkapital im Gesundheitswesen nicht per se schlecht sei. Unter den richtigen Bedingungen profitierten davon Patienten und Ärzte gleichermaßen. Davon seien die aktuellen Umstände jedoch noch deutlich entfernt. „Die verfehlten Anreize der Gesundheitspolitik erschweren Neuniederlassungen und verschärfen zusätzlich den Fachkräftemangel“, prangert Dr. Heinrich an. „Es ist höchste Zeit, diese Entwicklung zu stoppen.“
– Information des Virchowbundes–
Substitutionstherapie für Opioidabhängige: Struktur der Vergütung ändern
Nur etwa die Hälfte der opioidabhängigen Menschen erhält derzeit eine Drogenersatztherapie. Ein neu entwickeltes ärztliches Vergütungskonzept will diesen Anteil erhöhen. Entwickelt hat das „Vergütungskonzept zur Zukunftssicherung der ambulanten Substitutionstherapie“ (ZamS-Vergütungskonzept) ein Expertenteam des IGES Instituts in Kooperation mit einer Arbeitsgruppe von Vertragsärzten, die ambulante Substitutionstherapien durchführen.
Ausgangspunkt sind die derzeit bestehenden wirtschaftlichen Fehlanreize in der Substitutionstherapie von opioidabhängigen Patienten. So werden substituierende Ärztinnen und Ärzte derzeit am höchsten vergütet, wenn Betroffene täglich in die Praxis kommen und dort das Ersatzpräparat einnehmen.
Möglich sind unter bestimmten medizinischen und individuellen Bedingungen jedoch auch die Take-Home-Vergabe oder die Verabreichung eines Depots, die keinen täglichen Besuch in der Praxis erfordern. Diese Vergabe- und Verabreichungsformen unterstützen die selbstbestimmte Lebensführung, Berufstätigkeit und gesellschaftliche Teilhabe der Betroffenen. Allerdings werden Ärzte für diese Therapieschemata deutlich geringer vergütet: Bei einem Wechsel von der täglichen Vergabe zu einer wöchentlichen Mitgabe sinkt die Vergütung um die Hälfte oder sogar noch stärker. Das ZamS-Vergütungskonzept soll den Wechsel hin zu einer mehr an medizinischen Aspekten und an Patientenbedürfnissen orientierten Therapie der Opioidabhängigkeit fördern, indem es Ärzten die Sorgen um Erlöseinbußen durch Therapiewechsel nimmt.
Gespräche mit opioidabhängigen Patienten besser vergüten
Vorgesehen ist eine Umschichtung der Vergütung: weg von der bevorzugten Honorierung der Vergabe der Ersatzpräparate hin zu einer besseren Vergütung ärztlicher Gespräche und der Koordination der Behandlung. Es sieht drei neue Gebührenordnungspositionen (GOP) vor: Zwei davon sind für die andauernde Therapie gedacht und unabhängig von der Vergabe- bzw. Verabreichungsform des Substitutionsmittels.
Die erste „GOP für kontinuierliche Therapie“ deckt die Gespräche und Koordinierungsaufgaben ab und wird nach Zeit, also nach Länge des Arzt-Patienten-Kontaktes abgerechnet. Diese GOP kann je nach Stadium der Behandlung und Ausmaß von Komorbiditäten unterschiedlich oft abgerechnet werden. Dadurch können die Suchtmediziner die Behandlung besser als heute an die individuellen Bedarfe ihrer Patienten anpassen.
Die zweite GOP nennt sich „GOP für Vorhaltung OST“ (Opioid-ISubstitutions-Therapie). Sie honoriert alle anfallenden organisatorischen und administrativen Arbeiten für die Vergabe bzw. Verabreichung der Ersatzmittel. Die dritte „GOP für Neueinstellung / Praxiswechsel“ wird für Patienten abgerechnet, die neu eine Substitutionstherapie beginnen bzw. die Arztpraxis wechseln. Sie trägt dem erhöhten Betreuungsaufwand für neue und wechselnde Patienten Rechnung. Dies soll zudem den Anreiz stärken, weitere Patienten aufzunehmen und damit zur Sicherung der flächendeckenden suchtmedizinischen Versorgung opioidabhängiger Menschen beitragen.
Wohnortnahe Betreuung suchtkranker Menschen verbessern
Als eine mögliche Erweiterung umfasst das Konzept ferner eine veränderte Struktur und Honorierung der Zusammenarbeit zwischen Suchtmedizinern und Ärzten, die eine kleine Zahl von Patienten im Rahmen der sogenannten Konsiliarregelung betreuen. Unter der bestehenden Regelung wird nur eine geringe Versorgungsrelevanz erreicht. Der Änderungsvorschlag macht die Zusammenarbeit attraktiver und kann damit einen Beitrag zur Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung leisten.
Beispielrechnungen für die Konzeptentwicklung zeigen, dass Ärzte nach dem neuen Vergütungskonzept im Durchschnitt vergleichbare Erlöse erzielen würden. Inwiefern sich die Vergütung für eine einzelne Praxis ändern würde, hängt von ihrer derzeitigen Vergabe- und Verabreichungspraxis sowie vom Gesprächs- und Koordinationsbedarf ihrer Patienten ab. Einzelheiten zu den Beispielrechnungen können dem White Paper „ZamS-Vergütungskonzept – Beitrag eines Vergütungskonzepts zur Zukunftssicherung der ambulanten Substitutionstherapie“ entnommen werden.
Rückgang auf bundesweit 2.500 substituierende Ärzte
In Deutschland führen nach Angaben der Bundesopiumstelle rund 2.500 Ärzte substitutionsgestützte Behandlungen für etwa 80.000 opioidabhängige Patienten durch (Stand 2021). Die Zahl substituierender Ärzte ist in den vergangenen zehn Jahren um rund acht Prozent zurückgegangen. Die Zahl der Patienten nahm hingegen um etwa sechs Prozent zu. Verschärft wird die künftige Versorgungslage, da in den kommenden Jahren viele Ärzte altersbedingt ausscheiden werden.
Das Konzept entstand mit finanzieller Unterstützung des Pharmaunternehmens Camurus.
Informationen zum ZamS-Vergütungskonzept:
www.iges.com > Gesundheit > Alle Projektergebnisse > 2022 > Ambulante Substitutionstherapie
– Information des IGES Instituts –
Bundesweite Vernetzung der Ausbildungs- und Förderprogramme zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum
Die Informationsplattform Medi-Landkompass.de bündelt Förderangebote für Medizinstudierende im ländlich-kleinstädtischen Raum Deutschlands. Für die sächsischen Angebote arbeitet das vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Projekt der Universität Leipzig dabei eng mit dem Netzwerk „Ärzte für Sachsen“ zusammen.
Ausbildungs- und Förderangebote für Medizinstudierende im ländlichen Raum sind auf den unterschiedlichen Webseiten verschiedenster Akteure auffindbar. Eine Informationsplattform, welche die deutschlandweiten Angebote systematisch vergleichend präsentiert, existierte bisher nicht. Medi-Landkompass.de soll nunmehr alle bundesweit bekannten Ausbildungsangebote und Förderangebote für Medizinstudierende bündeln. Das Netzwerk „Ärzte für Sachsen“ tut dies für den Freistaat Sachsen seit 2009 über alle Abschnitte der ärztlichen Aus- und Weiterbildung hinweg.
Mehrere Initiativen zur Stärkung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum
Die Universität Leipzig fördert den allgemeinärztlichen und speziell den ärztlichen Nachwuchs im ländlichen Raum bereits intensiv: Mit dem Projekt LeiKA (Leipziger Kompetenzpfad Allgemeinmedizin) existiert ein praxisorientiertes Studienangebot über das gesamte Studium hinweg für diejenigen, die sich speziell für die Allgemeinmedizin interessieren.
Das landärztliche Lehrkonzept MiLaMed (Mitteldeutsches Konzept zur longitudinalen Integration Landärztlicher Ausbildungsinhalte und Erfahrungen in das Medizinstudium) etabliert seit 2019 ein praxisorientiertes Längsschnittcurriculum zur Versorgung im kleinstädtisch-ländlichen Raum.
Das Projekt RegioMed, in dem der Medi-Landkompass aktuell entsteht, fügt sich in diese Initiativen ein und erweitert die Zielgruppe auf Studierende in ganz Deutschland.
Informationen
– Information des Netzwerkes „Ärzte für Sachsen“ –