Übersicht zu pharmakologischen Therapiemöglichkeiten von Covid-19
Zu pharmakologischen Therapiemöglichkeiten gegen Covid-19, die auch im ambulanten Bereich verordnet werden können, laufen einige Zulassungsverfahren in der EU oder sind bereits abgeschlossen. Im Folgenden möchte Ihnen die KV Sachsen einen Überblick darüber geben.
Ambulante Verordnungsfähigkeit von Molnupiravir (Lagevrio®)
Seit 3. Januar 2022 kann das bisher noch nicht in der EU zugelassene antivirale und oral verfügbare Arzneimittel Molnupiravir verordnet werden. Grundlage der ambulanten Verordnungsfähigkeit stellt die „Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung“ (MedBVSV) dar.
Die zuständige Bundesoberbehörde (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM) hat festgestellt, dass die Qualität des Arzneimittels gewährleistet ist und die Anwendung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zur Therapie von Covid-19 erwarten lässt. Die Bundesregierung hat das Arzneimittel Molnupiravir der Firma Merck Sharp & Dohme rechtmäßig in Verkehr gebracht und übernimmt die Produkthaftung.
Molnupiravir soll zur Behandlung von symptomatischen, nicht hospitalisierten Patienten mit Covid-19 ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf und erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf eingesetzt werden.
Entscheidungskriterien für die Anwendung von Molnupiravir, insbesondere bei derzeit begrenzter Verfügbarkeit, sind vor allem:
- hohes Alter und
- Vorliegen mehrerer Risikofaktoren für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung wie Adipositas (BMI ≥ 30), Alter > 60 Jahre, COPD, Diabetes mellitus, schwere kardiale Erkrankung, chronische Lungenerkrankung, chronische Niereninsuffizienz, aktive Krebserkrankung.
- Es können nicht geimpfte und geimpfte Patienten behandelt werden.
- Schwangerschaft ist eine Kontraindikation. Bei Frauen im gebärfähigem Alter, die keine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden, darf Molnupiravir ebenfalls nicht angewendet werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor Einnahme einen Schwangerschaftstest durchführen.
- Wegen der Möglichkeit von unerwünschten Wirkungen auf den gestillten Säugling sollte das Stillen während der Dauer der Behandlung und für vier Tage nach Einnahme der letzten Dosis unterbrochen werden.
- Kinder- und Jugendliche wurden in die Zulassungsstudie nicht aufgenommen, eine Anwendung bei Kindern und Jugendlichen wird daher nicht empfohlen.
- Bei immunsupprimierten Patienten mit unzureichender Impfantwort wird bevorzugt die Gabe monoklonaler Antikörper empfohlen.
Um den Patientinnen und Patienten so kontaktarm und schnell wie möglich die Therapie zu ermöglichen, ist folgendes Verfahren vorgesehen:
Die Ärztin oder der Arzt kann bei Vorliegen eines positiven Corona-Tests die Verordnung auf Muster 16 ausstellen und übermittelt dieses direkt an eine Apotheke. Als Kostenträger wird – wie beim Covid-19-Impfstoff – das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) mit dem Institutskennzeichen (IK) 103609999 angegeben. Die Verschreibung soll auf eine Gültigkeit von fünf Werktagen begrenzt werden. Diese Vorgaben gelten auch für Privatpatienten. Der Arzt kann den Apotheker – auch telefonisch – über die Verschreibung vorab unterrichten, sodass die Bestellung bereits ausgelöst werden kann. Nach Erhalt liefert die Apotheke das Arzneimittel an den Patienten aus.
Bei aufgetretenen unerwünschten Ereignissen, einschließlich mangelnder Wirksamkeit (ausgedrückt durch Verschlechterung der Symptome, Arztkontakt oder Krankenhauseinweisung aufgrund von SARS-CoV-2) oder Produktreklamationen sollte umgehend das BfArM informiert bzw. kontaktiert werden.
Ambulante Infusionstherapie für Risikopatienten im frühen Stadium einer SARS-CoV-2-Infektion
Bereits im Heft 11/2021 der KVS-Mitteilungen haben wir ausführlich über die Möglichkeit der ambulanten Infusionstherapie mit monoklonalen Antikörpern berichtet (siehe Infobox).
Bitte beachten Sie, dass vor Therapie unbedingt bekannt sein muss, ob es sich um die Delta- oder die Omikron-Variante handelt, da Casirivimab/Imdevimab bei der Omikron-Variante offensichtlich nicht ausreichend wirksam ist und in diesem Fall nur Bamlanivimab/Etesevimab zur Anwendung kommen kann. Außerdem müssen Sie damit rechnen, dass der die Antikörpertherapie durchführende Arzt vorab die Höhe der IgG-Antikörper wissen möchte, weshalb auch diese, sobald eine Therapie in Erwägung gezogen wird, möglichst schnell bestimmt werden sollten.
Mittlerweile gibt es einige Neuregelungen: Seit 12. November 2021 ist das Arzneimittel Ronapreve® (Casirivimab/Imdevimab) von Roche in der EU und in Deutschland zugelassen. Die Abgabe einer Verpflichtungserklärung gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium bei Anwendung von Ronapreve® entfällt seitdem.
Der Bezug der Arzneimittel ist weiterhin über Krankenhausapotheken möglich. Zusätzlich wird demnächst im Laufe des 1. Quartals 2022 die Möglichkeit bestehen, Ronapreve® über die nächstgelegene öffentliche Apotheke direkt an die Arztpraxis liefern zu lassen.
Übersicht über alle pharmakologischen Therapiemöglichkeiten mit nachgewiesenem Nutzen
Antivirale Arzneimittel | Passive Immunisierung | Anti-inflammatorische Arzneimittel |
Molnupiravir (Lagevrio®)
Ritonavir (Paxlovid®)
Remdesivir (Veklury®)
| Infusion Monoklonaler Antikörper gegen Spike-Protein Casirivimab/Imdevimab
Bamlanivimab/Etesevimab
Regdanvimab (Regkirona®)
Sotrovimab (Xevudy®)
Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld®)
| Interleukin-6-Rezeptorantagonisten (IL-6-RA) Tocilizumab (RoActemra®)
Interleukin-1-Rezeptorantagonisten Anakinra (Kineret®)
Januskinase (JAK)-Inhibitoren Baricitinib (Olumiant®)
|
Informationen
www.bfarm.de > Arzneimittel > Pharmakovigilanz > Risiken melden
Informationsseite der KBV
www.kbv.de > Themen A-Z > Coronavirus > Therapie von Covid-19 > Antivirale Arzneimitteltherapie
Zulassungsstatus der Arzneimittel
Monoklonale Antikörpertherapie
www.kvsachsen.de > Mitglieder > KVS-Mitteilungen > 11-2021 > Veranlasste Leistungen
Informationen des Robert Koch-Institutes:
www.rki.de > Kommissionen > Fachgruppe COVRIIN > Hinweise zu Therapie und Versorgung
– Verordnung und Prüfwesen/goe –
Krankschreibung per Videosprechstunde jetzt auch für unbekannte Patienten möglich
Seit Juli 2020 kann für in der Praxis bekannte Patienten eine Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde bis zu sieben Kalendertagen diagnostiziert und als Erstbescheinigung ausgestellt werden. Dabei gilt: Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung. Diese ist unmittelbar persönlich (in Präsenz) oder mittelbar persönlich im Wege einer Videosprechstunde möglich. Ist die Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde nicht hinreichend sicher zu beurteilen, muss eine unmittelbare persönliche Untersuchung erfolgen.
Ein Anspruch auf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde besteht für Versicherte nicht. Nach wie vor obliegt die Entscheidung, ob in bestimmten Fällen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Wege der Videosprechstunde ausgestellt wird, dem Vertragsarzt.
Hinzugekommen ist seit 1. Januar 2022 die Möglichkeit der Erstfeststellung einer Arbeitsunfähigkeit im Wege der Videosprechstunde für unbekannte Patienten. Diese darf über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen nicht hinausgehen. Danach ist ein persönlicher Praxisbesuch erforderlich.
Nach wie vor gilt: Eine Folgebescheinigung kann nur bei einem vorherigem Praxisbesuch ausgestellt werden. Zuvor sollte aufgrund einer unmittelbar persönlichen Untersuchung die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit festgestellt worden sein.
Die Patienten sind im Vorfeld über die eingeschränkten Möglichkeiten der Befunderhebung zum Zwecke der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Videosprechstunde aufzuklären.
Hinweis zur Telefon-AU als Corona-Sonderregelung
Die oben aufgeführten Regelungen gelten unabhängig von der derzeit bis zum 31. März 2022 befristeten Corona-Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung. Hier können Patienten, die an leichten Erkältungssymptomen leiden, nach einer telefonischen Befragung bis zu sieben Kalendertage krankgeschrieben werden. Eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung kann auf diesem Weg für weitere sieben Kalendertage erfolgen.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Verordnungs- und Prüfwesen der jeweiligen Bezirksgeschäftsstelle gern zur Verfügung.
Informationen
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Verordnungen > Arbeitsunfähigkeit
– Verordnungs- und Prüfwesen/mau –
Wirtschaftliche Verordnung von CGRP-Antikörpern zur Migräneprophylaxe
Im Rahmen der Vereinbarung zur Vermeidung von Arzneikostenregressen wendet sich die gemeinsame Arbeitsgruppe der KV Sachsen/KV Thüringen und der AOK PLUS mit folgenden Hinweisen an Sie:
Zur Migräneprophylaxe bei Erwachsenen mit vier oder mehr Migränetagen im Monat sollen zunächst vorrangig die Wirkstoffe
- Metoprolol,
- Propranolol,
- Flunarizin,
- Topiramat,
- Amitriptylin und
- Clostridium botulinum Toxin Typ A unter Berücksichtigung der Fachinformationen
eingesetzt werden. Clostridium botulinum Toxin Typ A soll ebenso vorrangig zur Symptomlinderung angewendet werden.
Begrenzt auf Patienten,
- die auf keine der zuvor genannten Therapien ansprechen,
- für diese nicht geeignet sind oder
- diese nicht vertragen,
können die CGRP-Antikörper Aimovig®, AJOVY® (Fremanezumab) und Emgality® (Galcanezumab) eingesetzt werden. Lediglich für Erenumab (Aimovig®) sah der Gemeinsame Bundesausschuss gegenüber Topiramat einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen. Nichtmedikamentöse Therapien wie z. B. Verhaltenstherapie und das Erlernen von Entspannungstechniken sind in das Behandlungskonzept mit einzubeziehen.
Bei Verordnung der CGRP-Antikörper beachten Sie bitte folgenden Hinweis aus der Fachinformation von Aimovig®, der auch auf AJOVY® und Emgality® zutrifft: „In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass bei der Mehrheit der Patienten, die auf die Therapie angesprochen haben, ein klinischer Nutzen innerhalb von drei Monaten auftrat. Bei Patienten, die nach drei Monaten Behandlung noch kein Ansprechen gezeigt haben, sollte erwogen werden, die Behandlung einzustellen. Es wird empfohlen, nach den ersten drei Monaten der Behandlung in regelmäßigen Abständen zu evaluieren, ob die Behandlung fortzusetzen ist.“
Quellen
1. Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V, Fremanezumab, vom 7. November 2019
2. Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V, Erenumab, vom 21. Oktober 2021
3. Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V, Galcanezumab, vom 19. September 2019
4. Fachinformation Aimovig ® 70 mg / - 140 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze Aimovig ® 70 mg / - 140 mg Injektionslösung im Fertigpen vom Mai 2021
– Verordnungs- und Prüfwesen/jac –
Vergütungsanpassung im Bereich der Ergotherapie
Für den Heilmittelbereich der Ergotherapie ist am 1. Januar 2022 eine neue Vergütungsvereinbarung in Kraft getreten. Zum 1. Oktober 2022 erhöht sich die Vergütung für ergotherapeutische Leistungen um 5,85 Prozent. Vom 1. Januar 2022 bis zum 30. September 2022 gibt es zudem einen befristeten Zuschlag von 11,7 Prozent auf die bislang geltende Vergütung.
Hintergrund des temporär höheren Zuschlags ist der verzögerte Vertragsabschluss. Vorgesehen war die Preissteigerung bereits im Frühjahr 2021. Um einen Ausgleich zu schaffen, werden die Preise vom 1. Januar 2022 bis zum 30. September 2022 vorübergehend stärker angehoben.
Die damit verbundenen Auswirkungen auf das Heilmittel-Ausgabenvolumen und die Heilmittel-Richtgrößen 2022 werden im Zuge der nächsten Verhandlungen zu den Vereinbarungen nach § 84 SGB V retrospektiv geprüft und beachtet. Der auf Bundesebene ausgewiesene Preisfaktor für 2022 von 2,84 Prozent berücksichtigte ausschließlich die zum Stichtag 30. September 2021 bereits feststehenden Preisanpassungen.
Die aktuellen Vergütungslisten für die Heilmittelbereiche können Sie auf der Internet-Präsenz der KV Sachsen einsehen.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Verordnungs- und Prüfwesen der jeweiligen Bezirksgeschäftsstelle gern zur Verfügung.
Informationen
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Verordnungen > Heilmittel > Vergütungslisten
– Verordnungs- und Prüfwesen/mau –