Neue Heilmittel-Richtlinie seit 1. Januar 2021 – Hinweise zur Umsetzung
Am 1. Januar 2021 ist die neue Heilmittel-Richtlinie in Kraft getreten. Angeregt durch Ihre Anfragen und die von den Krankenkassen erhaltenen Hinweise möchten wir folgende Punkte noch einmal beleuchten, die sich als mögliche Fehlerquellen herauskristallisiert haben.
- Der Regelfall wird ersetzt durch den Verordnungsfall
Der Verordnungsfall umfasst alle Heilmittelbehandlungen für einen Patienten aufgrund derselben Diagnose (bezogen auf die ersten drei Stellen des ICD-10-GM-Codes) und derselben Diagnosegruppe des Heilmittelkataloges (z. B. WS, EX, LY, ZN). Ob ein neuer Verordnungsfall entsteht, entscheidet das Ausstellungsdatum der letzten Verordnung. Wenn das Datum sechs Monate oder länger zurückliegt, beginnt ein neuer Verordnungsfall. Liegt es noch keine sechs Monate zurück, wird der laufende Verordnungsfall weitergeführt. Die Unterscheidung in Erstverordnung, Folgeverordnung und Verordnung außerhalb des Regelfalles ist damit entfallen.
- Die Einführung der orientierenden Behandlungsmenge
Der Verordnungsfall wird an die sogenannte orientierende Behandlungsmenge (vormals Höchstverordnungsmenge im Regelfall) geknüpft. Sie bildet keine verbindliche Grenze. Besteht über die im Heilmittelkatalog angegebene Anzahl weiter Behandlungsbedarf, können weitere Verordnungen ausgestellt werden, ohne dass dazu eine Genehmigung durch die Krankenkasse eingeholt wird. Jedoch empfehlen wir Ihnen für ggf. spätere Prüfanträge/Richtgrößenprüfungen, die Gründe in der Patientenakte zu dokumentieren.
- Langfristiger Heilmittelbedarf – bei gelisteten Diagnosen der Anlage 2 der Richtlinie Verordnungsfähigkeit ohne Genehmigung
Unter den langfristigen Heilmittelbedarf fallen alle diagnostizierten Krankheitsbilder, die einen Therapiebedarf mit Heilmitteln von mindestens einem Jahr erfordern. Bei den in der Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie gelisteten Diagnosen in Verbindung mit der jeweils aufgeführten Diagnosegruppe des Heilmittelkataloges ist vom Vorliegen eines langfristigen Heilmittelbedarfes auszugehen. Die Frequenz und die Verordnungsmenge sind für jeweils zwölf Wochen zu bemessen. Ein Antrags- und Genehmigungsverfahren bei der Krankenkasse ist bei Fällen gemäß Anlage 2 nicht erforderlich. Nur bei anderen vergleichbar schweren Diagnosen bedarf es der Genehmigung durch die Krankenkasse.
Langfristiger Heilmittelbedarf liegt vor, wenn Krankheitsbilder schwerwiegende und langfristige funktionelle oder strukturelle Schädigungen aufweisen, Beeinträchtigungen der Aktivitäten sowie nachvollziehbarer Therapiebedarf vorliegen. Eine medizinische Begründung muss nicht mehr auf der Verordnung angegeben werden, die Dokumentation in der Patientenakte ist ausreichend. Verordnungen im Rahmen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilungen Verordnung und Prüfwesen der Bezirksgeschäftsstellen gern zur Verfügung.
Informationen
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Verordnungen > Heilmittel
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Verordnungen > Video zur neuen Heilmittel-Richtlinie
– Verordnungs- und Prüfwesen/mau–
Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch
Folgender Verdachtsfall ist der KV Sachsen in den letzten Wochen mehrfach für Dresden und Umgebung gemeldet worden:
- Männlicher Versicherter
- Initialien: S. A.
- Alter: 39 Jahre
Verordnungswünsche in Dosierungen weit oberhalb der Zulassungsgrenze:
- Medikinet Adult (z. B. 4 × 60 mg)
- Ritalin Adult (z. B. 4 × 20 mg)
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Sucht oder eines Missbrauchs
- versucht es im regelmäßigen Abstand seit Jahresanfang in verschiedenen Vertretungspraxen
- gibt verschiedene falsche Hausärzte an, die angeblich im Urlaub seien
- Vorlage eines alten und ungültigen Medikationsplans von Frau Dr. J., Nervenärztin im Ruhestand
- Dosierungen weit oberhalb der Zulassungsgrenze
Wir bitten bei dem Patienten um Ihre besondere Aufmerksamkeit.
Stellen Sie keine Verordnung ohne entsprechende Diagnose aus. Wir empfehlen Ihnen, Patientinnen und Patienten direkt auf die Vermutung eines Missbrauchs anzusprechen.
Informationen
Weitere Verdachtsfälle sind im Mitgliederportal der KV Sachsen unter Dokumente > Verordnungs- und Prüfwesen > Arzneimittel veröffentlicht.
– Verordnungs- und Prüfwesen/goe –