Licht am Ende des Tunnels: Impfen in Arztpraxen
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Eigentlich sollte es in der jetzigen Zeit schwer fallen, zur Corona-Problematik einen positiven Text zu Papier zu bringen, denn die immer weiter verlängerten Lockdowns richten immensen materiellen und immateriellen Schaden an. Trotzdem möchte ich hier einmal einen anderen, nicht durch die sonstige mediale Berichterstattung getrübten, Blick (und Ausblick) wagen. Es stellen sich einige Fragen:
Ist denn das Adenauer’sche: „Die Lage war noch nie so ernst!“ heute wirklich angebracht?
Sagen das „DIE FAKTEN“?
Ist das momentane politische Handeln wirklich die alternativlose Konsequenz, wenn man der Aufforderung folgt: „Hört auf die Wissenschaft“?
Ich glaube nein, denn es gibt auch gute Gründe für eine andere Sichtweise.
- Wir haben für den medizinischen Bereich so viel Schutzausrüstung, dass Ärzte schon beginnen, diese an die KV Sachsen zurück zu schicken.
- Während vor einem Jahr bei den ambulanten Praxen alle Narkosegeräte erfasst wurden, um diese im Notfall für Beatmungspatienten einsetzen zu können (!), droht jetzt auf den Intensivstationen diesbezüglich kein Mangel.
- Die Zahl der Covid-19-Toten pro Woche in Deutschland / Sachsen ist von 6.076 / 980 in der zweiten Januarwoche auf 1.206 / 112 in der letzten Märzwoche gesunken. Haben dies die Medien thematisiert?
- Die Zahl der belegten Betten auf den Covid-Stationen in Sachsen beträgt aktuell (am 30.03.) 1.346, Anfang Januar bestand hier eine maximale Kapazität von 4.195 Betten (eine weitere Aufstockung der stationären Kapazitäten wäre Anfang Januar durch die hohen coronabedingten Ausfälle des medizinischen Personals problematisch gewesen, jetzt ist die Lage auch Dank der Impfungen wesentlich entspannter).
- Die Infizierten haben jetzt im Durchschnitt eine wesentlich bessere Prognose als noch vor einem Jahr (sie sind jünger, häufiger asymptomatisch und die Therapie der Schwererkrankten ist mittlerweile erfolgreicher). Damit ist selbstverständlich nicht bestritten, dass es nicht wenige Schwerstkranke auch jüngere Patienten auf den sächsischen Intensivtherapiestationen gibt.
- Die, mittlerweile dominierende, britische Mutation hat nach momentanem Wissensstand ein höheres Ansteckungsrisiko und führt auch zu schwereren Krankheitsverläufen, allerdings – das ist hier die positive Botschaft – sind alle derzeit vorhandenen Impfstoffe auch hier unvermindert wirksam.
- Die erwartbare Auswirkung der neuen Testmöglichkeiten auf die Inzidenzzahlen wird nirgends thematisiert. Letztendlich bewirken diese lediglich eine Aufhellung des „Dunkelfeldes“ – was natürlich kein Argument gegen die Sinnhaftigkeit eines exzessiven Testens ist.
- In der ersten Welle war das Maximum der Neuinfizierten am 28. März 2020. Was spricht gegen die Annahme eines auch jetzt saisonal abklingenden Infektionsgeschehens? Allerdings wäre hier ein ähnlich warmer, trockener und sonnenscheinreicher April wie 2020 sehr hilfreich.
“I want you to panic” kann doch nicht ernsthaft ein Motto für Erwachsene sein!
Auch das Narrativ „Bergamo im März 2020“ ist einfach nicht mehr aktuell und es wäre schön, wenn das auch einmal bei der Politik ankommen würde, denn auch Angst kann tödlich sein.
Abschließend möchte ich natürlich noch einmal auf die Überschrift dieses Editorials zurückkommen, denn auch wenn man meinen sollte, noch ganz tief im Tunnel zu stecken (was man – siehe oben – auch anders sehen kann), gibt es doch den Lichtblick der nach Ostern anlaufenden Impfungen in den Praxen. Wenn dann auch noch der Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung stehen sollte, könnte man mit einer kompletten Durchimpfung bis zur Mitte des Sommers rechnen:
- Bei 3,5 Millionen Erwachsenen in Sachsen sind 7 Millionen Impfungen erforderlich.
- Bisher sind etwa 0,5 Millionen Impfungen erfolgt, also noch 6,5 Millionen erforderlich.
- In 13 Wochen könnte bei Einbeziehung aller fast 7.000 ambulanten Ärzte diese Zahl erreicht werden.
- Die Ärzte müssten pro Woche 400.000 Patienten ab Anfang Mai impfen, also je Arzt im Durchschnitt 60.
- Inklusive der Impfzentren (100.000 pro Woche) wären also 13 Wochen nötig und damit könnte die Impfaktion wirklich schon Ende Juli beendet sein.
Allerdings nur könnte, denn auf Deutschland hochgerechnet, benötigte man pro Woche 10 Millionen Impfdosen. Vielleicht klappt es aber zumindest noch vor Beginn einer wohl ab Oktober ansonsten zu erwartenden Herbstwelle. Da die „Herdenimmunität“ (ein mittlerweile verpöntes Wort) aber schon deutlich vor der kompletten Durchimpfung eintreten sollte, wäre auch noch ein gewisser Sicherheitspuffer vorhanden.
In Summa denke ich doch, dass Optimismus angebracht ist.
Es erfordert jedoch sehr viel Arbeit in den Praxen.
Ich bin mir ganz sicher, dass Sie alle diese gern und mit viel Engagement leisten werden.
Ihr Klaus Heckemann