Initiative „Nachhaltige Praxis“: Gesundheit und Klimaschutz verpflichtet
Ist der Klimawandel überhaupt ein Thema für uns Ärzte? Wir haben im Moment genug mit Corona und den ständig wechselnden Bestimmungen zu Tests und Quarantäneregeln zu tun. Aber wie entsorgt man die Flut an Einwegmaterialien eigentlich richtig, die sich zusätzlich in Form von Masken, Schutzbrillen und Schutzkitteln in unsere Praxen ergießt?
Die Corona-Pandemie zeigt, wie verletzlich und wertvoll unsere Gesundheit ist – und unser Gesundheitssystem. Die Zerstörung natürlicher Lebensräume wirkt sich unmittelbar auf unsere Gesundheit aus. Hitze, Feinstaub, Dürren sind Folgen unserer auf fossilen Brennstoffen gegründeten Lebensweise. Die Klimakrise ist auch eine Gesundheitskrise!
Klimaerwärmung: Was haben wir in Sachsen damit zu tun?
Bei einem Fortsetzen der bisherigen Politik und Lebensweise geht die Forschung von einem weltweiten Temperaturanstieg zwischen 2,3 bis 4,1 °C bis zum Jahr 2100 aus. Deutschlandweit lag die Klimaerwärmung im letzten Jahrzehnt (2010 bis 2020) 1,9 °C über den Werten der ersten Aufzeichnungen von 1881 bis 1910 und ist damit deutlich stärker gestiegen als im weltweiten Durchschnitt. In Sachsen wird ein weiterer mittlerer Temperaturanstieg von 2 bis 3 °C gegenüber den Jahren 1981 bis 2000 erwartet, wobei 2019 bereits 2,3 °C wärmer war.
Das Gesundheitssystem und die Klimakrise – sind wir verantwortlich?
Der Gesundheitssektor trägt mit 6,7 Prozent zum Gesamt-CO2-Ausstoß Deutschlands bei und ist weltweit für ca. 5 Prozent der Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Die CO2-Bilanz einer Arztpraxis in Deutschland ist bisher noch nicht beziffert, aber Daten aus England legen nahe, dass der Hauptanteil der Emissionen durch die Patientenmobilität und das Verbrauchsmaterial entstehen.
Auf der anderen Seite werden unsere Praxen die Hauptlast der klimabedingten Gesundheitsfolgen tragen müssen. Wir müssen vorbereitet sein z. B. auf hitzebedingte Herz-Kreislauferkrankungen, Zunahme von Allergien durch vermehrten und verlängerten Pollenflug oder exotische vektorübertragene Infektionskrankheiten.
Was können wir Ärzte tun?
Der britische National Health Service (NHS) hat beschlossen, bis 2030 klimaneutral zu sein. Dafür gibt es ein Toolkit für Hausärzte zur nachhaltigen Umgestaltung, mittlerweile nehmen über 700 Praxen in Großbritannien an dem Programm teil.
Im März 2020 hat sich die Ortsgruppe Dresden von Health for Future gegründet und sich u. a. mit den Möglichkeiten des Klimaschutzes in Arztpraxen beschäftigt. Daraus ist die „Initiative Nachhaltige Praxis“ entstanden, die eine Website zum Thema mit vielen Tipps und Tricks entwickelt hat. Außerdem ist ein Flyer mit einer Checkliste entstanden, anhand derer man einfach die Gegebenheiten in der eigenen Praxis evaluieren kann und Ideen für Veränderungen bekommt.
Die Vision wäre ein in absehbarer Zukunft emissionsfreies ambulantes Gesundheitswesen – für unsere Gesundheit und die unserer Patienten.
Informationen
www.initiative-nachhaltige-praxis.de
E-Mail dresden@healthforfuture.de
– Dr. med. Gudula Keller, LL. M., FÄ für Orthopädie, Dresden –