Neue Heilmittel-Richtlinie ab 1. Oktober 2020
In den Ausgaben vom März, April und Mai 2020 erhielten Sie bereits Einblicke in Themen im Zusammenhang mit der neuen Heilmittel-Richtlinie. Weitere Themenschwerpunkte möchten wir in dieser Serie ergänzend aufgreifen.
Auslegung Verordnungsfall
Der Verordnungsfall umfasst alle Heilmittelbehandlungen der letzten sechs Monate für einen Patienten aufgrund derselben Diagnose (d. h. die ersten drei Stellen des ICD-10-GM-Codes sind identisch) und derselben Diagnosegruppe. Er bezieht sich immer auf den verordnenden Arzt. Die Bemessung der künftig geltenden orientierenden Behandlungsmenge (s. KVS-Mitteilungen 04 / 2020) erfolgt somit immer arztbezogen. Es gilt der Grundsatz: neuer Arzt – neuer Verordnungsfall. Mit dieser Systematik müssen keine Verordnungsmengen von anderen Ärzten berücksichtigt werden. Der bisher geltende Regelfall wird ersetzt durch den Verordnungsfall. Das behandlungsfreie Intervall von zwölf Wochen wird in das verordnungsfreie Intervall überführt. Ob von einem neuen Verordnungsfall auszugehen ist, entscheidet nicht mehr das letzte Behandlungsdatum, sondern das Verordnungsdatum. Verordnungen, die innerhalb des Zeitraums von sechs Monaten nach der letzten Verordnung aufgrund derselben Diagnose und derselben Diagnosegruppe ausgestellt wurden, sind demselben Verordnungsfall zuzurechnen.
Flexible Angabe der Behandlungsfrequenz
Die Frequenzempfehlungen des Heilmittel-Katalogs werden zukünftig einheitlich als Frequenzspannen hinterlegt, zum Beispiel „1–3 x wöchentlich“. Durch die Vorgabe der Frequenzspanne können die Behandlungstermine je nach Bedarf flexibler zwischen Heilmittel-Therapeut und Patient vereinbart werden. Damit entfallen zeitaufwändige Terminabstimmungen.
Fristen für den Beginn einer Heilmitteltherapie
Der späteste Behandlungsbeginn wird von bisher 14 auf künftig 28 Tage erweitert. Auf diese Weise entsteht mehr Zeit, die Heilmitteltherapie zu beginnen. Gleichzeitig wird dadurch den bisherigen organisatorischen Verzögerungen für einen Behandlungsbeginn bei den Heilmittelerbringern Rechnung getragen.
Für einen dringlichen Behandlungsbedarf – innerhalb von 14 Tagen – ist auf dem neuen Muster 13 eine zusätzliche Angabe möglich. Wenn die Erkrankung einen früheren Behandlungsbeginn erfordert, kann dies auf dem Formular angegeben werden.
Schlucktherapie wird eigenes Heilmittel
Die Schlucktherapie ist jetzt noch integraler Bestandteil der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie. Zukünftig ist diese Therapie dann als gesondertes Heilmittel verordnungsfähig und kann eindeutig auf der Verordnung kenntlich gemacht werden.
Erinnerung: neues Muster 13 ab 1. Oktober 2020
Wir möchten Sie noch einmal darauf hinweisen, dass es mit Einführung der neuen Heilmittel-Richtlinie nur noch ein Verordnungsformular für alle Heilmittel geben wird. Die Einführung erfolgt per Stichtagsregelung (siehe KVS-Mitteilungen 03 / 2020).
Weitere Informationen
Um Ihnen einen gesamten Überblick zu ermöglichen, plant die KV Sachsen, ab September 2020 Webinare, Videokonferenzen o. ä. durchzuführen. Auch wird die Kassenärztliche Bundesvereinigung verschiedene Informationspakete zur Verfügung stellen. Die geplanten Veranstaltungen "Alles Neu – Heilmittelverordnungen ab 1. Oktober 2020" müssen aufgrund der Corona-Pandemie entfallen.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksgeschäftsstellen gern zur Verfügung.
Informationen sowie Ausfüllhilfe zum neuen Muster 13
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Verordnungen > Heilmittel
– Verordnung und Prüfwesen / mau –
Häusliche Krankenpflege Richtlinie aktualisiert
Neue Leistung der Behandlungspflege
Das An‐ oder Ablegen ärztlich verordneter Bandagen und Orthesen wurde in das Leistungsverzeichnis der häuslichen Krankenpflege (HKP) aufgenommen (Nummer 31d). Diese Leistung kann jetzt separat als Leistung der Behandlungspflege verordnet werden. Bisher war dies nur im Rahmen der Grundpflege möglich (Nummer 4 im Leistungsverzeichnis). Unter der Nummer 4 wird die Leistung jetzt nicht mehr explizit genannt, sie ist jedoch weiterhin bei Bedarf umfasst.
Neuer Service: Digitales Leistungsverzeichnis
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bietet aktuell das Leistungsverzeichnis für die häusliche Krankenpflege in digitaler Form auf ihrer Internetseite an. Darin können sowohl einzelne Leistungspositionen als auch die entsprechenden Leistungsnummern aufgerufen werden. Auch eine Suchfunktion ist enthalten: Nach Eingabe eines Schlagwortes werden die gefundenen Stellen farblich markiert angezeigt. Alternativ ist das Leistungsverzeichnis über die App KBV2GO! abrufbar.
Dauer einer Einheit für die psychiatrische HKP
Eine Einheit psychiatrische häusliche Krankenpflege ist jetzt mit 60 Minuten in der Richtlinie festgeschrieben. Es ist aber möglich, Therapieeinheiten in kleinere Zeiteinheiten maßnahmenbezogen aufzuteilen.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksgeschäftsstellen gern zur Verfügung.
– Verordnung und Prüfwesen / mau –
Einführung neuer Vordruckmuster
Häusliche Krankenpflege – neues Vordruckmuster ab 1. Oktober 2020
Das Formular zur Verordnung häuslicher Krankenpflege wird ab 1. Oktober 2020 angepasst. Damit soll die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden in der häuslichen Krankenpflege abgebildet werden.
Die Einführung des neuen Vordruckes Muster 12 erfolgt per Stichtagsregelung. Detaillierte Hinweise erhalten Sie in den KVS-Mitteilungen im September.
Erinnerung Krankentransport: Neues Muster 4 zum 1. Juli 2020
Um unnötige Rückfragen in Ihren Praxen zu vermeiden, möchten wir Sie gern noch einmal darauf aufmerksam machen, dass ab dem 1. Juli 2020 ein aktualisiertes Muster 4 für den Krankentransport in Kraft tritt. Die Einführung erfolgt per Stichtagsregelung, die bisherigen Vordrucke dürfen dann nicht mehr verwendet werden.
Das neue Formular wird Ihnen über die Vordruckleitverlag GmbH zur Verfügung gestellt. Ausführliche Hinweise stellten wir Ihnen im Heft 04 / 2020 der KVS-Mitteilungen zur Verfügung.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksgeschäftsstellen gern zur Verfügung.
Informationen
www.kvsachsen.de > Verordnungen > Krankentransport
– Verordnung und Prüfwesen / mau –
Erweiterung der Indikationen für podologische Therapien ab 1. Juli 2020
Podologische Therapien können ab dem 1. Juli 2020 bei weiteren Erkrankungsbildern, die mit dem diabetischem Fußsyndrom vergleichbar sind, zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Eine entsprechende Änderung wurde in die Heilmittel-Richtlinie aufgenommen und tritt ab oben genannten Zeitpunkt in Kraft.
Die Verordnung einer podologischen Behandlung ist dann auch möglich, wenn sie zur Behandlung von Schädigungen der Haut und der Zehennägel bei nachweisbaren Gefühlsstörungen der Füße mit oder ohne Durchblutungsstörungen der Füße dient. Voraussetzungen sind ein herabgesetztes Schmerzempfinden und eine autonome Schädigung (gestörte vegetative Funktion) im Bereich der unteren Extremitäten aufgrund
- einer sensiblen oder sensomotorischen Neuropathie oder
- eines neuropathischen Schädigungsbildes als Folge eines Querschnittsyndroms.
Zwei neue Diagnosegruppen im Heilmittel-Katalog
Folgende zwei Diagnosegruppen werden in den Heilmittelkatalog aufgenommen:
- NF - Krankhafte Schädigung am Fuß als Folge einer sensiblen oder sensomotorischen Neuropathie (primär oder sekundär) z. B. Kollagenosen hereditäre sensible und autonome Neuropathie
- QF - Krankhafte Schädigung am Fuß als Folge eines Querschnittsyndroms (komplett oder inkomplett) z. B. Spina bifida, traumatisch bedingte Schädigungen des Rückenmarks
Maßnahmen der ärztlichen Diagnostik
Vor der erstmaligen Verordnung einer podologischen Therapie ist unverändert eine Eingangsdiagnostik notwendig, wobei immer ein dermatologischer und ein neurologischer Befund zu erheben sind. Bereits vorliegende Befunde von anderen Ärzten können einbezogen werden.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksgeschäftsstellen gern zur Verfügung.
Informationen
www.kvsachsen.de > Verordnungen > Heilmittel > Praxis-Information der KBV
– Verordnung und Prüfwesen / mau –
Verordnung während eines Krankenhausaufenthaltes
Immer wieder kommt es zu Prüfanträgen von Krankenkassen, in denen es um unzulässige Arzneimittelverordnungen während eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus geht. Das Krankenhaus ist verpflichtet, bei einer teilstationären sowie vollstationären Behandlung die vollständige medikamentöse Versorgung des Patienten während des gesamten Aufenthaltes sicherzustellen.
Am Entlassungstag kann eine Verordnung ausgestellt werden, wenn ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat. Eine generelle Verpflichtung, sich zu vergewissern, ob der Patient sich in einem Krankenhaus befindet, besteht nicht. Liegen jedoch Anhaltspunkte vor, müssen diese geprüft werden (zum Beispiel wenn Angehörige eine Verordnung abfordern, was bei diesem Patienten eher unüblich ist). Fragen Sie aktiv nach und dokumentieren Sie dies kurz in Ihren Behandlungsunterlagen.
Bei Abforderungen von Rezepten durch Angestellte in Pflegeheimen spielen immer auch zeitliche Abläufe eine Rolle. Hier empfehlen wir die Dokumentation in Ihren Unterlagen.
Durch die Prüfgremien ist im Prüffall immer die Verschuldensfrage zu klären. Die zentrale Frage dabei ist: „Wussten Sie zum Zeitpunkt der Verordnung vom Aufenthalt des Patienten im Krankenhaus bzw. von der stationären Maßnahme bzw. hätten sie es aus den Umständen heraus wissen können?“
Dass dies im Praxisalltag nicht immer einfach einzuschätzen ist, zeigen die bisherigen im Beschwerdeausschuss der Ärzte und Krankenkassen verhandelten Fälle. Wir sind uns bewusst, dass die Dokumentation einen beträchtlichen Aufwand bedeuten kann. Bitte wägen Sie daher für sich ab, wie viel Zeit Sie in diese Abklärung investieren wollen.
Sie können sich in einem Prüfverfahren durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Verordnungs- und Prüfwesen Ihrer Bezirksgeschäftsstelle unterstützen lassen.
– Verordnungs- und Prüfwesen / mau –