Ohne neues Geld: Neuer EBM ab 1. April 2020 beschlossen
Nach mehrjährigen Verhandlungen haben sich die KBV und der GKV-Spitzenverband am 11. Dezember 2019 auf eine „kleine“ EBM-Reform geeinigt. Neben einigen strukturellen Änderungen wurde die Bewertung aller Leistungen überprüft und an die aktuelle Kostenstruktur angepasst. Ein Ziel war es, die sprechende Medizin zu fördern. Allerdings galt der Grundsatz der Punktsummenneutralität.
„Ich kann die Kolleginnen und Kollegen beruhigen. Wir haben uns bei der Weiterentwicklung des EBM auf das Nötigste beschränkt. Keiner muss sich auf einen komplett neuen EBM einstellen wie bei der großen Reform vor 15 Jahren“, sagte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV.
Leistungen neu kalkuliert
Im Fokus der Reform steht die betriebswirtschaftliche Kalkulation der ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen. Sie wurde an die aktuelle Kostenstruktur der einzelnen Arztgruppen angepasst. Der kalkulatorische Arztlohn wurde auf 117.060 Euro festgelegt. Auch die Zeiten, die Ärzte im Schnitt für eine Behandlung oder Untersuchung benötigen und die ebenfalls in die Leistungsbewertung einfließen, wurden überprüft und angepasst.
Mehr Honorargerechtigkeit
Die neue Kalkulation soll auch für eine größere Honorargerechtigkeit zwischen und innerhalb der Arztgruppen sorgen. Gassen: „Dies ist allerdings nur im begrenzten Umfang möglich, da die Krankenkassen nicht mehr Geld bereitstellen. Denn jede Umverteilung führt bei begrenzten Honorargeldern schnell zu neuen Ungerechtigkeiten.“
Aufbau des EBM bleibt unverändert
Der Aufbau und die Struktur des EBM bleiben von der Reform unberührt. Strukturelle Änderungen, wie punktuelle inhaltliche Erweiterungen der Leistungsbeschreibung oder redaktionelle Klarstellungen, wurden in Abstimmung mit den Berufsverbänden auf das Nötigste reduziert.
Dass mit der Reform nur wenige Leistungen neu in den EBM aufgenommen werden und sich die Honorierung kaum ändert, hängt damit zusammen, dass es kein zusätzliches Geld gibt. Denn als der Bewertungsausschuss im Jahr 2012 die Reform beschlossen hatte, war vereinbart worden, dass die Änderungen im EBM für die Krankenkassen ausgabenneutral erfolgen müssen.
Aufwertung der sprechenden Medizin
Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hatte der Gesetzgeber für die EBM-Reform zusätzlich vorgegeben, dass technische Leistungen überprüft und die sprechende Medizin gefördert werden sollen. Dadurch kommt es zu Absenkungen der Leistungsbewertungen bei den technischen Fächern. Hiervon sind insbesondere die Radiologie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin sowie fachärztliche Internisten betroffen. Hausärzte, grundversorgende Fachärzte und die Fachgruppen der Psychotherapie, Psychosomatik, Psychiatrie, Neurologie und Nervenheilkunde erhalten dagegen höhere Punktzahlbewertungen für ihre Gesprächsleistungen. Auch die Gesprächsanteile in den fachärztlichen Leistungen werden entsprechend aufgewertet.
„Unter diesen Voraussetzungen haben wir es dennoch geschafft, große Umverteilungen zu verhindern“, sagte Gassen. Klar sei aber „und da stimme ich dem Beschluss der Vertreterversammlung von vergangenem Freitag zu: Eine weitere EBM-Reform ohne zusätzliches Geld wird es mit uns nicht geben.“
Hausbesuche kein Thema der EBM-Reform
Die Krankenkassen hatten einen Vorschlag zur Höherbewertung der Hausbesuche auf die Agenda der EBM-Weiterentwicklung gesetzt – bei Punktsummen- und Kostenneutralität. „Das konnten wir in keinem Fall akzeptieren, da dies zulasten der Versorger gegangen wäre“, sagte Hofmeister. Denn dies sei nur über eine Abwertung der Versichertenpauschalen zu machen gewesen.
Die KBV habe daher in den Verhandlungen sehr hart um diesen Punkt gerungen und erreicht, dass die Krankenkassen den Vorschlag zurückgezogen haben. KBV und Krankenkassen werden sich im kommenden Jahr mit der Bewertung der Hausbesuche auseinandersetzen – losgelöst von der EBM-Reform, zeigte sich Hofmeister zufrieden.
Weitere Beschlüsse
Der Bewertungsausschuss hat in seiner Sitzung am 11. Dezember 2019 neben der EBM-Weiterentwicklung zu weiteren Themen beraten. Beschlüsse wurden beispielsweise zur Vergütung der Früherkennungsuntersuchungen auf Gebärmutterhalskrebs, zu biomarkerbasierten Tests beim primären Mammakarzinom sowie zur Anpassung des Anhangs 2 zum EBM an die OPS-Version 2020 gefasst.
– Nach Informationen der KBV –
Vergütungsregelungen für TSS-Termine leicht angepasst
Für Früherkennungsuntersuchungen im Kindesalter erhalten Ärzte ab Januar 2020 nun doch einen Zuschlag, wenn der Termin zeitnah über eine Terminservicestelle vermittelt wurde. Darauf haben sich KBV und GKV-Spitzenverband geeinigt. Darüber hinaus wurden die TSS-Vergütungsregelungen in zwei weiteren Punkten geändert.
Hintergrund ist, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Bewertungsausschuss aufgefordert hatte, die Regelungen in einigen Punkten anzupassen. Beanstandet wurde, dass die zeitgestaffelten Zuschläge für die Vermittlung von Terminen durch die Terminservicestellen (TSS) auch für U-Untersuchungen gezahlt werden sollten. Darüber hinaus hat das BMG zu weiteren Punkten Auflagen erteilt.
Zuschlag für TSS-Termin zur U-Untersuchung
Nach der beschlossenen Regelung können die betroffenen Ärzte ab 2020 eine Zuschlag abrechnen, wenn am Behandlungstag ausschließlich eine U-Untersuchung erfolgt. Dazu wird die Gebührenordnungsposition (GOP) 01710 in den EBM aufgenommen. Die Höhe der Bewertung der GOP 01710 ist wie bei den TSS-Zuschlägen abhängig von der Wartezeit auf einen Termin (114 Punkte: Termin innerhalb von acht Tagen / 68 Punkte: Termin innerhalb von neun bis 14 Tagen / 45 Punkte: Termin innerhalb von 15 bis 35 Tagen). Erster Zähltag ist auch hier der Tag der Kontaktaufnahme des Patienten bei der TSS.
TSS-Zuschläge auch für ermächtigte Ärzte
Für ermächtige Ärzte, Institute beziehungsweise Krankenhäuser, die ausgewählte Leistungen ambulant durchführen dürfen („Teil-Ermächtigte“) werden zwei neue GOP in den EBM aufgenommen: Die 01322 als Zuschlag zur GOP 01320 und die 01323 als Zuschlag zur GOP 01321. Beide GOP sind für Patienten, die über die TSS vermittelt werden, einmal im Arztgruppenfall berechnungsfähig. Die Höhe der Bewertung ist analog zu den anderen TSS-Zuschlägen nach der Länge der Wartezeit auf einen Termin gestaffelt. Ärzte mit einem vollen Ermächtigungsumfang dürfen nach wie vor anstelle der neuen GOP 01322 und 01323, die zeitgestaffelten Zuschläge zur Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale für Patienten abrechnen, die über eine Terminservicestelle vermittelt werden.
„Zuschläge“ statt „Zusatzpauschalen“
Eine weitere Anpassung betrifft die Bezeichnung der Aufschläge im EBM: Sie werden von „Zusatzpauschalen“ in „Zuschläge“ umbenannt. Dies war ebenfalls eine Forderung des BMG. Andere Auflagen hat das Ministerium mittlerweile zurückgezogen.
- Informationen
www.kbv.de > Aktuell > Praxisnachrichten > PraxisNachrichten vom 12. Dezember 2019
– Information der KBV –
Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft
Für den Arzt gilt nach § 16 des Mutterschutzgesetztes (MuSchG): Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau nicht beschäftigen, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.
So einfach ist es aber manchmal nicht. Sie kennen aus Ihrer Praxis bestimmt folgende Situationen:
Eine Frau kommt in der zehnten Schwangerschaftswoche zu Ihnen und „kann nicht mehr“. Der Bürostuhl sei so hart, und überhaupt … Das jedoch ist ausschließlich ein Problem des Arbeitgebers.
Eine Schwangere nach Präeklampsie in einer vorherigen Schwangerschaft sucht Ihre Praxis auf. Sie zeigt erhöhte Blutdruckwerte. Das ist ein Problem des Arztes – und damit kann er ein Beschäftigungsverbot aussprechen.
Wir unterscheiden also:
Das individuelle Beschäftigungsverbot nach § 3 MuSchG
Demnach können normale Beschwerden der Schwangerschaft, wie Erbrechen bei bestimmten Gerüchen, aber auch das Vorliegen einer Risikoschwangerschaft oder die Neigung zu Fehlgeburten ein individuelles Beschäftigungsverbot begründen. Ein Beschäftigungsverbot kann im Ausnahmefall auch durch besonderen psychischen Stress begründet sein. Das – und nur das – ist Aufgabe des Arztes im Zusammenhang mit der Feststellung eines Beschäftigungsverbots. Werden ärztlicherseits einzig Bedenken gegen die Fahrten zur Arbeitsstätte geltend gemacht, begründet dies hingegen keinBeschäftigungsverbot im Sinne des MuSchG.
Das arbeitsplatzbezogene generelle Beschäftigungsverbot nach § 4 MuSchG
Dieses zielt nicht auf den Gesundheitszustand der werdenden Mutter ab, sondern auf die Tätigkeit und ihre Auswirkungen. Beschäftigt ein Arbeitgeber eine werdende Mutter, so hat er dies nach Bekanntwerden unverzüglich der Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Unabhängig von der Mitteilung an die Aufsichtsbehörde (Landesdirektion Sachsen mit der entsprechenden Dienststelle) hat der Arbeitgeber den Arbeitsplatz der werdenden Mutter zu beurteilen, die Gefährdung aus Sicht des Mutterschutzgesetzes zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu veranlassen, die dem Mutterschutzgesetz § 2 MuSchG, also der Gestaltung eines gefährdungsfreien Arbeitsplatzes, gerecht werden. Gegebenenfalls erfordert die konkrete Gefährdungssituation einen Arbeitsplatzwechsel. Ist dies auf Grund der betrieblichen Situation nicht möglich, ist die werdende Mutter ganz oder teilweise von der Arbeit freizustellen. Dann spricht der Arbeitgeber ein Beschäftigungsverbot aus. Die Schwangere hat dabei Anspruch auf einen Durchschnittsverdienst. Der Arbeitgeber kann die Erstattung bei der Krankenkasse beantragen.
Das vorläufige ärztliche Beschäftigungsverbot
Das Bundesarbeitsgericht ermöglicht in seinem Urteil vom 11. November 1998 dem Arzt, ausnahmsweise auch ein vorläufiges Beschäftigungsverbot auszusprechen, wenn aus ärztlicher Sicht ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass vom Arbeitsplatz Gefahren für Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind ausgehen können, weil eine fachkundige Überprüfung des Arbeitsplatzes nicht stattgefunden hat. Dann kann bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts das vorläufige Beschäftigungsverbot durch einen Arzt ausgesprochen werden.
Schildert eine schwangere Arbeitnehmerin arbeitsplatzbezogene Probleme, die ihre Schwangerschaft gefährden könnten, oder ergeben sich Hinweise darauf, sollte der Arzt seine Patientin auf die Überprüfung des Arbeitsplatzes im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung und ein eventuelles arbeitsplatzbezogenes („generelles“) Tätigkeitsverbot durch den Unternehmer, in der Regel unterstützt durch den Betriebsarzt, hinweisen. Bei Unklarheiten ist prinzipiell auch die zuständige Aufsichtsbehörde ansprechbar. Als hilfreich unter Kollegen hat sich auch das direkte Ansprechen des Betriebsarztes erwiesen.
Vom individuellen Beschäftigungsverbot zu unterscheiden ist die Arbeitsunfähigkeit, welche entweder aus einer Erkrankung oder einem Unfall ohne Kausalzusammenhang zur Schwangerschaft entsteht oder sich aufgrund eines pathologischen Schwangerschaftsverlaufs entwickelt, zum Beispiel vorzeitige Wehentätigkeit, Blutungen, Gestosen usw.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, seien Sie konsequent und halten Sie die gesetzlichen Vorgaben ein. Mit Augenmaß wird es Ihnen gelingen, berechtigte von unberechtigten Ansprüchen auf Freistellung zu unterscheiden.
– Dr. med. Heidrun Link, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe –
Ambulante Behandlungen in Krankenhausnotaufnahmen sinken
Nur gut die Hälfte der tagsüber in den Notaufnahmen behandelten Patienten hätte dort gesichert als Notfall versorgt werden müssen – zeigt eine Grafik des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi).
Während der Praxisöffnungszeiten sind in Deutschland 2018 insgesamt 4,42 Millionen Patienten in den Notaufnahmen der Krankenhäuser versorgt worden. Mit 45,6 Prozent der Fälle standen traumatologische Behandlungsanlässe (Verletzungen und Wunden) an der Spitze, vor Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (4,9 Prozent) und Erkrankungen des Urogenitalsystems (1,8 Prozent). Patienten mit Rückenbeschwerden (8,9 Prozent), mit Magen-Darm-Erkrankungen (8,2 Prozent) und mit fiebrigen Infekten der oberen Atemwege (6,6 Prozent) wären gut von Vertragsärztinnen und -ärzten zu behandeln gewesen. Insgesamt sind das rund 24 Prozent der Patienten. Aus den übrigen Diagnosen (23,9 Prozent) ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Experten schätzen jedoch, dass zwischen 30 und 50 Prozent der in den Kliniken ambulant behandelten Notfallpatienten durch niedergelassene Haus- oder Fachärztinnen und -ärzte hätte behandelt werden können.
Das wären rund 2 bis 2,5 Millionen Patientinnen und Patienten pro Jahr, die zu niedergelassenen Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen gesteuert werden müssten. Gemessen an der Gesamtzahl von jährlich rund 600 Millionen Abrechnungsfällen in der vertragsärztlichen Versorgung nimmt sich diese Zahl vergleichsweise klein aus. Abzuwarten bleibt, wie sich das Angebot der Kassenärztlichen Vereinigungen auswirkt, die ärztliche Bereitschaftsdienstnummer 116117 ab dem 1. Januar 2020 rund um die Uhr zu schalten und Patientinnen und Patienten mit akuten Beschwerden nach einer strukturierten medizinischen Ersteinschätzung ein zeitgerechtes Versorgungsangebot zu vermitteln.
Im ärztlichen Bereitschaftsdienst, also außerhalb der Praxisöffnungszeiten, ist es den Kassenärztlichen Vereinigungen bereits gelungen, die Zahl der ambulanten Behandlungen in Krankenhausnotaufnahmen seit 2016 wieder zu senken. Diese sind zwischen 2016 und 2018 um rund 222.000 Fälle zurückgegangen. Gleichzeitig sind die durch niedergelassene Haus- und Fachärztinnen und -ärzte im Bereitschaftsdienst behandelten ambulanten Notfälle von 2015 bis 2018 kontinuierlich um rund 360.000 Fälle angestiegen. (Datenbasis: Bundesweite Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen 2018)
– Information des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) –