Stein der Weisen
„Mehr Ärzte auf dem Land – mit der Landarztquote! Damit jeder Mensch auch in den ländlichen Gebieten Sachsens die beste medizinische Versorgung erhält, braucht es genügend qualifizierte Hausärzte. Deswegen setzen wir uns weiterhin für eine Landarztquote ein. Können wir auf deine Unterstützung bauen?“
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auf diese Frage können Sie ganz unkompliziert mit dem Button „Ja, ich unterstütze das!“ auf der Homepage der CDU antworten, nachdem Sie sich dort mit den Vorstellungen der Regierungspartei zum Thema „Landarztquote“ vertraut gemacht haben. Folgendes werden Sie unter anderem erfahren:
„Pro Jahr werden 40 der bestehenden Medizin-Studienplätze an Studienanfänger vergeben, die sich verpflichten, nach ihrem Studium für zehn Jahre im ländlichen Raum zu praktizieren. Insgesamt sollen 100 zusätzliche Medizin-Studienplätze entstehen. Ein entsprechendes Modellprojekt in Chemnitz ist bereits in Vorbereitung.“
Wie bei so manchen Themen scheiden sich auch beim Thema „Ärztemangel“ die Geister, wie diesem zu begegnen ist. Manche haben (zu) lange einfach in Abrede gestellt, dass es Probleme gibt: Die Kassen, die noch vor einiger Zeit gern behaupteten, es gäbe genug Ärzte, nur die Allokation sei falsch – eine willkommene Vorlage für die Politik, die versuchte, mit Honorarabschlägen auch fest verwurzelte Kollegen in überversorgten Gebieten zur Umsiedlung zu zwingen. Manche haben einfach Teile unserer Berufsgruppe per se für überflüssig erklärt, so zum Beispiel SPD-Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach, der die „zweite Facharztschiene“ abschaffen wollte. Und aktuell wird mit dem TSVG schlicht, aber wenig ergreifend versucht, aus der Ressource „Arzt“ noch etwas mehr herauszuholen.
Sicherlich fördert die Bedeutsamkeit des Problems die Innovationsfreude und auch wir haben unsere Erfahrungen gemacht: Die Rekrutierung ärztlicher Verstärkung aus dem Ausland über Vermittler zum Beispiel war der Mühe nicht wert, denn Aufwand und Nutzen waren nicht in Deckung zu bringen. (Zumal die abgeworbenen Kollegen in ihren Heimatländern fehlen). Eins war und ist uns aber klar: Es gibt nicht DIE Lösung. Förderpauschalen, Gewährung von Mindestumsätzen, Förderung der Ärzte in Weiterbildung, Ausbildungsbeihilfe und nicht zuletzt unser Modellprojekt „Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen“ – das Problem muss von mehreren Seiten, sowohl inhaltlich als auch die Kompetenzen betreffend, angegangen werden.
Angesichts dieser Erfahrungen (und meinem Verständnis von der Notwendigkeit einer Balance zwischen individueller Selbstverwirklichung und gesellschaftlicher Verantwortung) stehe ich Überlegungen zur Einführung einer Landarztquote offen gegenüber, zumindest dann, wenn – wie in Sachsen angedacht – das Kontingent an Medizinstudienplätzen mit Einführung einer Landarztquote erhöht wird.
Ein Allheilmittel wird die Landarztquote natürlich auch nicht sein (können). Potential, die angespannte Nachwuchssituation an Hausärzten auf dem Lande abzumildern, hat dieser Ansatz meines Erachtens schon, sofern man trotz der Notwendigkeit staatlicher Einflussnahme das menschliche Naturell nicht vernachlässigt: Ich denke, die Sozialisierung in städtischen oder ländlichen Regionen ist lebensprägend. Wer auf dem Land seine Kindheit und Jugendzeit verbracht und die Vorzüge ländlichen Lebens – die ja unbestritten bestehen – genossen hat, wird seinen Lebensmittelpunkt auch viel eher dort suchen und finden.
Den Ansatz der neu zu schaffenden Medizinischen Fakultät in Chemnitz, bevorzugt Interessenten aus der Region ein Medizinstudium zu ermöglichen, halte ich insofern für sehr sinnvoll. Ich bin überzeugt davon, dass die Herkunft der Studierenden den Bevölkerungsanteilen Stadt / Land entsprechen sollte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob es sinnvoll ist, den oben erwähnten Button zu betätigen, muss jeder für sich entscheiden. Als Hausarzt, wenngleich nicht vom Lande, halte ich es aber voller Überzeugung für sinnvoll, dem Nachwuchsmangel auch und vielleicht sogar besonders durch intensive Vermittlung der Erfüllung, die unser Beruf doch nicht so selten mit sich bringt und ihn einzigartig macht, zu begegnen.
In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich
Ihr Klaus Heckemann