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Anfang Oktober beginnt die erste Stufe des Rollouts der Bereitschaftsdienstreform

Bisher gab es 95 allgemeine Bereitschaftsdienstbereiche, die jetzt schrittweise durch Zusammenlegung auf 23 reduziert werden. Die zum Teil sehr kleinen BD-Bereiche führten häufig zu hohen Dienstbelastungsfrequenzen. Am 15. Mai 2019 beschloss die Vertreterversammlung – unter Berücksichtigung des im Evaluationsbericht aufgezeigten Handlungsbedarfs – die Durchführung des sachsenweiten Rollouts.

Im Rahmen einer Pilotphase wurden seit dem 2. Juli 2018 die neuen Strukturen der Bereitschaftsdienstorganisation mit Bereitschaftspraxen, zentral organisiertem Fahrdienst und zentraler Vermittlung der Hausbesuche in den Bereitschaftsdienstbereichen Annaberg / Mittlerer Erzgebirgskreis, Görlitz /Niesky und Delitzsch / Eilenburg getestet und Erfahrungen gesammelt. Die Ergebnisse wurden entsprechend evaluiert (siehe KVSM 06 / 2019). Dabei hat sich gezeigt, dass die neuen Strukturen tragfähig sind. Die Selbstverwaltungsgremien und die Vertreterversammlung der KV Sachsen haben deshalb das Konzept bestätigt und für eine schrittweise Umsetzung in ganz Sachsen freigegeben.

Anfang Oktober 2019 beginnt der Rollout der neuen Struktur des Bereitschaftsdienstes mit den Regionen Aue-Schwarzenberg / Stollberg, Chemnitzer Land und Zwickau, des Weiteren mit Hoyerswerda / Weißwasser, Meißen und Freital / Dippoldiswalde sowie Leipzig Stadt und Torgau / Oschatz.

Fachärztlicher Bereitschaftsdienst

Eine Besonderheit ist, dass einige Bereitschaftspraxen nunmehr zusätzlichen einen fachärztlichen Bereich haben. So gehört zu den Bereitschaftspraxen in Zwickau am Heinrich-Braun-Klinikum, in Hoyerswerda am Lausitzer Seenland-Klinikum, in Meißen am Elblandklinikum sowie in Leipzig am Klinikum St. Georg jeweils ein kinderärztlicher Behandlungsbereich dazu. Eine separate kinderärztliche Bereitschaftspraxis besteht in Leipzig am Kindernotfallzentrum Dr. Teichmann. Ebenfalls in Leipzig bietet das MVZ Thonbergklinik eine Bereitschaftspraxis für allgemein-chirurgische Behandlungsleistungen.

Fahrdienst

Die Vergrößerung der Bereitschaftsdienstbereiche führt in vielen Fällen zu größeren Wegstrecken. Mit der verpflichtenden Nutzung des zentral organisierten Fahrdienstes wird der Bereitschaftsdienstarzt zwischen den Einsätzen durch Wegfall des individuellen Fahraufwandes entlastet und durch einen Fahrer mit medizinischer Grundqualifikation unterstützt. Unabhängig davon trägt diese Regelung dem immer wieder vorgetragenen Sicherheitsaspekt im Bereitschaftsdienst Rechnung und gewährleistet eine Begleitung des diensthabenden Arztes bis in das Zuhause des Patienten.

Für jeden neuen Bereitschaftsdienstbereich wurde durch ein europaweites Ausschreibungsverfahren ein Fahrdienstleister gefunden. Aufgrund von Vorgaben im Ausschreibungsrecht war uns die Veröffentlichung zu den Namen der Dienstleister bis zum Redaktionsschluss nicht möglich. In einer der nächsten KVS-Mitteilungen werden wir darüber detaillierter berichten können.

Ein Hinweis an alle Bereitschaftsärzte: Gemäß Bestimmung in der Bereitschaftsdienstordnung ist rechtzeitig, d. h. bis ca. 30 Minuten vor Dienstbeginn, gegenüber der Ärztlichen Vermittlungszentrale (ÄVZ) die Dienstbereitschaft anzuzeigen.

Formular für die Anzeige der Dienstbereitschaft
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Arbeiten als Arzt > Bereitschaftsdienst (rechter Seitenrand)

Bitte online oder per Fax einreichen.

Im Ausnahmefall kann die Rufnummer der ÄVZ 0341 23493-271 (nicht zur Weitergabe an Dritte bestimmt) genutzt werden.

Ärztliche Leitung der Bereitschaftspraxen

Entsprechend den Regelungen der Bereitschaftsdienstordnung der KV Sachsen (BdO) wurden für jede Bereitschaftspraxis ein ärztlicher Leiter bzw. eine ärztliche Leiterin vom Vorstand der KV Sachsen berufen.

Bitte entnehmen Sie die Bereiche und Zuständigkeiten dem Download des Artikels oder hier

                                                     – Struktureinheit Bereitschaftsdienst / ben –

Die Pilotregion Annaberg / Zschopau: Es lief viel besser als erwartet!

Im Herbst 2017 ebnete die 69. Vertreterversammlung der KV Sachsen den Weg für die Bereitschaftsdienstreform. Am 2. Juli 2018 nahmen sechs Bereitschaftspraxen in drei Pilotregionen ihren Betrieb auf. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen die Region Annaberg / Mittlerer Erzgebirgskreis vor. Dazu führten wir Gespräche mit den Ärztlichen Leitern der Bereitschaftspraxen in Annaberg und Zschopau sowie mit den Direktoren des jeweiligen Klinikums.

Mit einer Fläche von über 1.000 Quadratkilometern, rund 153.000 zu versorgenden Einwohnern und etwa 200 Ärzten aller Fachgebiete ist die Region die größte unter den drei Pilotregionen. Zum Vergleich: Görlitz / Niesky umfasst knapp 1.000 Quadratkilometer, rund 108.000 Einwohner und etwa 160 Ärzte, Delitzsch / Eilenburg knapp 900 Quadratkilometer, rund 120.000 Einwohner und etwa 180 Ärzte. Die Pilotpraxen wurden in Annaberg am EKA Erzgebirgsklinikum gGmbH und in Zschopau am Klinikum Mittleres Erzgebirge gGmbH eingerichtet. Der Fahrdienst wird gemeinsam mit dem Malteser Hilfsdienst organisiert.

Zschopau: „Es ist nicht so schwierig wie mancher denkt“

„Die Reform ist sehr gut bei uns angelaufen“, sagt Dipl.-Med. Veikko Stahn, Ärztlicher Leiter der Bereitschaftspraxis in Zschopau. Ein großer Vorteil sei, dass die meisten der Niedergelassenen die Kollegen der Klinik sehr gut durch ihre Aus- und Weiterbildung kennen. Man arbeite Hand in Hand mit dem Klinikum, die Notaufnahme werde spürbar entlastet, und die Zahl der Bereitschaftsdienste habe sich reduziert. Auch von Patientenseite höre man nur Positives. Viele seien dankbar, dass sie nicht mehr so lange warten müssten wie vorher, als sie sich – auch mit Bagatellerkrankungen – in der Notaufnahme eingefunden hatten.

„Am Anfang gab es schon viel Skepsis“, erklärt Veikko Stahn. „Aber heute ist unser ‚Kummerbuch‘ leer.“ In diesem sollten Probleme, Anfragen, Diskussionswürdiges zum Bereitschaftsdienst festgehalten werden. Das ist offenbar nicht mehr nötig. Die Kolleginnen und Kollegen stehen in regelmäßigem Austausch untereinander; beispielsweise zum Sprechstundenbedarf, zu den Dienstplänen und zu aufgetretenen Besonderheiten.

Sehr gern in der Bereitschaftspraxis in Zschopau arbeitet die Gesundheits- und Krankenpflegerin Schwester Claudia Melzer. „Es macht großen Spaß“, sagt sie. „Wir arbeiten eng mit dem Team der Notaufnahme zusammen, das läuft spitzenmäßig und wir lernen nach und nach alle Klinikärzte kennen.“ Man müsse sich auf die unterschiedlichen Dienstzeiten einstellen und flexibel sein, sagt sie, aber das lasse sich kollegial regeln.

Auch der Fahrdienst laufe gut, erklärt Veikko Stahn. „Die Malteser haben sehr aufmerksame Mitarbeiter. Insbesondere unsere Ärztinnen sind dankbar, wenn sie nachts nicht allein zum Hausbesuch fahren müssen“, weiß er. Allerdings empfänden es einige Kollegen als „Gängelei“, wenn sie sich zu Dienstbeginn bei der Ärztlichen Vermittlungszentrale anmelden sollen. Doch das Anzeigen der Bereitschaft bis ca. 30 Minuten vor Dienstbeginn ist in der Bereitschaftsdienstordnung verankert und muss eingehalten werden.

Die große Zufriedenheit aller Beteiligten mit der Zusammenarbeit bestätigt auch der Geschäftsführer des Klinikums Mittleres Erzgebirge in Zschopau, Knut Hinkel. „Ich habe den Eindruck, der gemeinsame Tresen und die Kommunikation untereinander funktionieren sehr gut“, sagt er. Von der Kritik an der Bereitschaftsdienstreform aus anderen Regionen habe er gehört, könne sie jedoch nicht nachvollziehen. „Wir setzen uns auch mit schlechten Nachrichten auseinander, aber diese Reform ist etwas absolut Positives!“, betont er.

„Ich kann die Kollegen in den anderen Regionen beruhigen: Es ist alles machbar und nicht so schwierig, wie mancher denkt.“, beteuert Veikko Stahn. Die neue Praxissoftware sei keine dramatische Umstellung, auch wenn man sonst ein anderes System verwende. Außerdem seien die Mitarbeiterinnen der KV-Praxis gut geschult. „Meine Empfehlung für den Rollout lautet: frühzeitig Kontakt zu Mitarbeitern in der Klinik suchen, über die Räumlichkeiten der Notaufnahme informieren und die neue Praxissoftware kennenlernen.“

Annaberg: „Schnelle Lösungen für Probleme der Patienten“

„Die Reform birgt nur Vorteile!“, ist Dr. med. Axel Rausendorff, Ärztlicher Leiter der Bereitschaftspraxis in Annaberg, überzeugt. Nach einem Jahr Praxiserfahrung resümiert er: „Es wird alles viel einfacher!“ Die Nähe zum Klinikum sei ein großer Vorteil für Ärzte und Patienten, allein schon wegen der kurzen Wege. Außerdem sei – falls notwendig – die Weiterbehandlung der Patienten am Klinikum möglich, was den Bereitschaftsdienst-Kollegen eine gewisse Sicherheit biete. Und die Zusammenarbeit mit den Fachärzten sei jetzt sehr viel einfacher für die Kollegen geworden – und nütze den Patienten. „Die Kollegen haben seltener Dienst als vor der Reform“, wird auch aus Annaberg bestätigt.
Dabei war der Beginn etwas schwieriger verlaufen als erwartet, weil anfangs noch Personal fehlte. Die Leitstelle war manchmal schlecht erreichbar, was bei Patienten zu Unmut führte, und zeitweise gab es auch mit dem Fahrdienst Probleme.

„Aber die Zusammenarbeit mit dem Erzgebirgsklinikum ist hervorragend, die gesamte Struktur ist toll“, schwärmt er. Er sei am Anfang fast zu jedem Dienst gegangen, um die Bereitschaftsärzte einzuweisen. Jetzt sei die Zusammenarbeit mit der Notaufnahme ein Selbstläufer. Bereitschaftspraxis und Notaufnahme sind wenige Meter voneinander entfernt. „Die Patienten haben sich schnell daran gewöhnt, dass für ‚einfache‘ Sachen die Bereitschaftspraxis zuständig ist“, sagt Dr. Rausendorff.

„Die Bereitschaftspraxis zeigt: schnelle Lösungen für kleinere Probleme der Patienten sind möglich.“; bestätigt der Ärztliche Direktor des Erzgebirgsklinikums in Annaberg, Chefarzt Priv.-Doz. Dr. med. habil. Jürgen Prager. Die Reform-Idee der KV Sachsen kam dem Klinikum durchaus entgegen. „Ich bin ein glühender Verfechter der Zusammenarbeit zwischen ambulantem und stationärem Sektor und finde, dass die Bereitschaftsdienstreform Entlastung für beide Seiten bedeutet.“ Die Triagierung funktioniere und bringe eine deutliche Entlastung der Notaufnahme. Er beobachte eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Klinikum und KV-Praxis. Die Bereitschaftsärzte können immer gern die Kollegen in der Notaufnahme aufsuchen und von deren Erfahrungen profitieren. Zudem existiert am Erzgebirgsklinikum eine eigene Kindernotfallambulanz, welche einbezogen werden kann.

Die gegenseitige Entlastung und perfekte Zusammenarbeit bestätigt Dr. Rausendorff. Die Kollegen tauschen sich untereinander aus, der Bereitschaftsarzt kann das Ultraschallgerät nutzen bzw. Krankenhauskollegen um Unterstützung ersuchen. Die Infrastrukturleistungen wie z. B. Wäsche und das Sterilisieren der Instrumente übernimmt das Klinikum komplett, Parkplätze für KV-Arzt und Schwestern sind reserviert. „Fakt ist: Die Bereitschaftsdienste sind weniger geworden, und jetzt steht alles bereit: Fahrer, Geräte, Formulare – besser kann man es nicht haben. Bis auf einen Kollegen haben es alle bereut, dass sie anfangs Widerspruch eingelegt hatten!“ betont Dr. Rausendorff. Seine Empfehlungen für den Rollout lauten: eine gute Vorbereitung, möglicherweise ein direkter Erfahrungsaustausch zwischen den Kollegen, überarbeitete Aufnahmeunterlagen und gut geschultes Personal. Mit Dr. Prager ist er sich einig: Es ist eine positive Geschichte!

                                                                                              – Öffentlichkeitsarbeit / pfl –