Frauenquote - Ja oder Nein?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
man muss sich nicht unbedingt als Feministen bezeichnen, um an dieser Stelle einmal die Stimme für die Frauen zu erheben.
In diesem Jahr haben wir wieder Landtagswahlen. Nun, es ist noch etwas hin, erst im September werden die Wähler an die Urnen treten, aber die allgemeine Aufregung ist unverkennbar. Auch wenn wir vom vorletzten Jahr aus Berlin im Zuge der Koalitionsbildung so einiges gewöhnt sind – die Parteien scheinen aus diesem Dilemma nichts gelernt zu haben. Bereits jetzt überbietet man sich gegenseitig mit populistischen Angeboten an das Wahlvolk, von denen man meint, dass diese gern angenommen beziehungsweise gewünscht werden.
Eine davon ist die Frauenquote. Kannten wir diese bisher nur aus dem linken Parteienspektrum, so müssen wir nun feststellen, dass auch die CDU hier nicht widerstehen kann. Auf der Landesliste für die Wahl sollen abwechselnd Männer und Frauen platziert werden, obwohl nur 27,8 Prozent der CDU-Mitglieder in Sachsen Frauen sind.
Aber entspricht dieses Ansinnen wirklich dem Willen der Frauen in Sachsen? Entspricht eine Quotierung für Frauen auch in anderen Bereichen überhaupt dem Wunsch dieser in Deutschland? Erfahrungsgemäß doch wohl eher nicht.
Wir, die wir in einem Beruf arbeiten, der zunehmend überwiegend weiblich ist, und die wir auch in unserer täglichen Arbeit überwiegend von Mitarbeiterinnen umgeben sind – seien es in den Praxen die Arzthelferinnen oder die Krankenschwestern in den Kliniken – gewinnen täglich ein ganz anderes Bild. Kaum eine dieser Frauen wünscht sich eine Bevorteilung aufgrund ihres Geschlechts, was im Übrigen auch rechtlich nicht statthaft wäre. Ganz im Gegenteil: Gerade Kolleginnen, die eine berechtigte Karriere anstreben oder gemacht haben, da sie die erforderlichen Fähigkeiten dazu besitzen, lehnen eine solche Bevorzugung vehement ab. Sie haben dies auch gar nicht nötig.
Ein mir immer wieder in Erinnerung kommendes Beispiel: Zwei hochgeschätzte Kolleginnen aus der Klinik, an der ich viele Jahre tätig gewesen bin, bekamen vor einigen Jahren aufgrund ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten ihre wohlverdiente Professur. Bei mehreren Kongressaufenthalten, insbesondere an den Kliniken in den Alt-Bundesländern, wurde dieses hocherfreuliche Geschehen mit den Worten kommentiert: „Ach, hat die Quote in Leipzig auch zugeschlagen?“ Dies ist nicht nur verletzend, nein, es wirft auch ein bezeichnendes Bild auf den Zustand in der Bundesrepublik. Man kann den unbekannten Kommentatoren ihre Bemerkung vielleicht gar nicht übel nehmen, sehen Sie doch täglich im Fernsehen, wozu eine Quotierung, insbesondere in politischen Ämtern, führt.
Nur, und gerade dies macht den Vorschlag von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) so fragwürdig: Man hat doch in Sachsen im Kabinett und im Landtag auch fähige Ministerinnen und Abgeordnete, so dass eine eingeführte Quote auch auf diese nur beschädigend wirken würde. Besonders absurd wirkt ein neuerdings kursierender Vorschlag der SPD, bei Kandidatenaufstellungen grundsätzlich eine Tandemlösung (eine Frau/ein Mann) zu fordern, ebenso wie das in Brandenburg beschlossene Paritätsgesetz.
Man muss auch nicht unbedingt in Ostdeutschland – mit einer mit Sicherheit höheren Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau als in der ehemaligen Altbundesrepublik – sozialisiert worden sein, um diese Diskussion als peinlich für alle Frauen zu empfinden.
Natürlich wird man diesen Parteitagsbeschluss nicht mehr revidieren können. Aber zur Kenntnis nehmen sollte man: Dies ist der falsche Weg. Und er passt auch so gar nicht zur bisher doch guten Arbeit des neuen Ministerpräsidenten.
Frauenförderung, mit allem was dazugehört, wie Unterstützung bei der Kinderbetreuung, familienfreundlichen Arbeitszeiten, Frauen-spezifische Arbeitsplätze: „Ja“! Frauenquote: eindeutig „Nein“. Dies sind wir den Frauen, die es wirklich verdient haben in Spitzenpositionen zu kommen, einfach schuldig.
Ihr Frank Rohrwacher