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So wächst wieder Zuversicht

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

wenn ein junger Kollege in eine bestehende Praxis kommt, um mit anzupacken, ist das schon ein besonderer Moment im Berufsleben des Älteren. Mancher erinnert sich dann an die Zeit um die eigene Niederlassung und an die Kollegen, welche einen in dieser Phase unterstützten und wohlwollend begleiteten. Danach erlebten viele von uns überwiegend den Wegfall anderer Praxen. Auch wir haben unserem heutigen Nachwuchs einiges an Berufserfahrung anzubieten. Famulaturen, Abschnitte im Praktischen Jahr oder der Facharztweiterbildung und eventuell Anstellung sind Gelegenheiten dazu. Sicher sollten diese Möglichkeiten noch mehr genutzt werden. Die meisten Kollegen, welche das tun, wissen, dass es Freude macht, etwas weitergeben zu können in dem Sinne, wie man es beim eigenen Start erfahren hat.

Ich bin mir ziemlich sicher, auch beim neuen Kollegen wächst schnell die Überzeugung, dass sein Schritt richtig war, wenn er erlebt, dass Niederlassung mehr Freiheit als Last bedeutet, wenn Partnerschaft den Raum einnimmt, welcher vorher eher von Hierarchie bestimmt war, wenn man auch die eigene Vision vom Beruf umsetzen kann und darüber hinaus genug Freiraum für Familie, Kinder und persönliche Dinge bleibt, die einem wichtig sind. Mit dieser Praxiskonstellation ist nebenbei erwähnt auch eine unvorhergesehene Vertretung in einer nahegelegenen Einzelpraxis zumindest für einige Wochen realisierbar.

Natürlich braucht es außerdem angemessene Rahmenbedingungen für die ambulante ärztliche Tätigkeit insgesamt, egal ob in Niederlassung oder Anstellung. Für eine effiziente Patientenversorgung halten Hausärztinnen und Hausärzte in aller Regel ein besonders breites Spektrum konsentierter diagnostischer und therapeutischer Leistungen vor. Dazu gehören zum Beispiel auch das Langzeit-EKG, der Wechsel von transurethralen oder auch suprapubischen Harnblasenkathetern, häufige Leistungen auf dem Gebiet der Endokrinologie, der Geriatrie und auch der sogenannten Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung. Die Voraussetzungen an Fähigkeiten und Erfahrungen werden im Wesentlichen in der Facharztweiterbildung erworben.

Kontraproduktiv und diskriminierend sind darüber hinausgehende überzogene Anforderungen über Tätigkeitszeiten in spezialisierten Einrichtungen oder Fallzahlen als Voraussetzung für die Abrechenbarkeit solcher Leistungen. Das führt weder zu mehr Ergebnisqualität noch zu mehr Effizienz in der Versorgung der Patienten, sondern nur zu entbehrlichem Verwaltungsaufwand. Für Hausärztinnen und Hausärzte nach Abschluss der Facharztweiterbildung sind solche Anforderungen in vernünftiger Weise nicht zu schaffen, ohne Abstriche an der Versorgung der Patienten in Kauf zu nehmen. Auch das löst bei potentiellem hausärztlichen Nachwuchs Skepsis aus, wenn ihm die Möglichkeit erschwert wird, ein ansprechendes eigenes Profil zu entwickeln. Generelle Prüfungen der entsprechenden Fähigkeiten als Zugangsvoraussetzung und stichprobenartige Prüfungen der Ergebnisse wären der wesentlich effizientere Weg. Kann es dann richtig sein, dass z. B. der Wechsel eines suprapubischen Blasenkatheters durch einen bei einem Facharzt angestellten Nichtärztlichen Praxisassistenten honoriert wird, aber vom Hausarzt in keinem Fall abrechnungsfähig ist?

Diese Fehlsteuerung hat letztlich bei Hausärzten in die Sackgasse der Pauschalierung geführt. Das Wenden in dieser Sackgasse ist schwierig, aber dringend nötig und nicht unmöglich. Konkrete Einzelleistungen oder zumindest Leistungskomplexe wären der Ausweg. Ein Beispiel ist das Projekt für Arzneimitteltherapiesicherheit ARMIN. Alle Beteiligten – Patienten, Kostenträger, Ärzte und Apotheker – wissen dabei konkret, was sie erwarten können. Bei ARMIN ist das ein detaillierter Medikationsplan, dessen Vollständigkeit, Verständlichkeit und Sicherheit für den Patienten systematisch gepflegt und damit die Voraussetzung für Compliance geschaffen wird. Die zentrale Serverlösung sorgt darüber hinaus für Zeit- und damit Kosteneffizienz. Last but not least ist das Honorar für Ärzte und auchApotheker ordentlich. Transparenz schafft Vertrauen. Dieser Weg muss fortgesetzt werden.

Die Alternative heißt Pauschalierung. In engem Zusammenhang damit steht der nebulöse Begriff Betreuung. Auch für die Pauschalierung finden sich die  bekanntesten Beispiele außerhalb der Regelversorgung. Das Ergebnis sind Überweisungsscheine und schematisierte Berichte von fragwürdiger Aussagekraft, Medikationen, über welche kaum jemand mehr den Überblick hat und Kodierung, welche nur dem Honorar dient.

ARMIN dagegen ist außerdem ein Beitrag dazu, dass Apotheker nicht gedrängt werden, auf ärztliche Tätigkeitsfelder auszuweichen, nur weil der Bundespolitik wieder einmal der Mut fehlt, in diesem Falle den – viel mehr Gefahren als Nutzen mit sich bringenden – Versandhandel vernünftig zu regulieren. Lassen wir Ärzte (und Apotheker) den Mut nicht sinken, die Fehler der Politik einigermaßen ausbügeln zu können.

Bleiben wir zuversichtlich auch im diesem neuen Jahr

 
Ihr Axel Stelzner