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Brief einer sächsischen Ärztin an den Bundesgesundheitsminister

Sehr geehrter Herr Minister Spahn,

ich bin mir sicher, dass Sie in letzter Zeit eine Reihe von empörten Briefen meiner Kolleginnen und Kollegen zu Ihrem Gesetzentwurf (Terminservice- und Versorgungsgesetz) erhalten haben. Ich könnte mir vorstellen, dass viele Ärztinnen und Ärzte es überhaupt nicht gut finden, dass von Ihnen in der Bevölkerung der Eindruck erweckt wird, dass sie praktisch ihren Beruf zum Hobby gemacht haben und gerade mal 20 Stunden in der Woche ihrer Tätigkeit nachgehen. Ich glaube auch, eine Reihe von Fachärzten wird Ihre Vorstellungen zur Terminvergabe in keinster Weise teilen können.

Aber ich möchte einen anderen Weg gehen. Ich denke, und viele andere werden dies noch erkennen, wir sollten Ihnen dankbar sein für ein solches Gesetz. Ich bin der festen Überzeugung, dass es uns bei Einhaltung Ihrer Vorgaben die Arbeitsbelastung deutlich senken lässt.

Gern möchte ich Ihnen dies an meinen Zahlen verdeutlichen. (Im Übrigen sind meine Zahlen durchaus als repräsentativ in unserer Umgebung anzusehen. Ich kenne keinen Arzt, der eine Praxis mit 20 Stunden führt.):

Meine Praxisöffnungszeit beträgt wöchentlich (exklusive Hausbesuche) 28,5 h. Darin enthalten ist eine tägliche zweistündige Akutsprechstunde ohne Terminvergabe. Dazu kommt täglich eine Stunde (vor Sprechstundenbeginn) Blutabnahmen und Verbandswechsel. Dazu kommen 83 regelmäßige Hausbesuchspatienten. Dazu kommen wöchentlich ca. zehn Anforderungen von Gutachten und Befundscheinen. Dazu kommen umfangreiche Dokumentationsverpflichtungen. Dazu kommt der tägliche Aufwand zur Bedienung diverser Strukturverträge. Dazu kommt der verwalterische Aufwand zum Führen einer Arztpraxis. Dazu kommt … usw., usw.!

Jetzt also zu der praktischen Umsetzung Ihres Gesetzentwurfes in unserer Praxis:

  • Praxisöffnungszeiten auf 20 Stunden senken
  • Wöchentlich nur noch fünf Stunden für Hausbesuche aufwenden
  • Akutsprechstunde halbieren von zehn auf fünf Stunden in der Woche.

Ich glaube fest daran, wenn auch andere Kolleginnen und Kollegen diesen wahren Zweck Ihres Gesetzentwurfes erkennen, wird viel Kritik in Dankbarkeit umschlagen. Schade nur für die Patientinnen und Patienten, welche dabei „auf der Strecke bleiben“! Ich möchte Sie auch bitten, jetzt nicht stehen zu bleiben mit Ihren Gesetzentwürfen. Ich hätte folgende Vorschläge:

 

  • Gesetz zur Quotierung des Honorars lt. EBM bei Überschreitung des RLV. Ich schlage eine Auszahlquote von 100 Prozent vor.
  • Gesetz zur Quotierung von Hausbesuchen. Ich schlage max. zehn Prozent des Patientenaufkommens vor.
  • Gesetz zur Zusammenarbeit mit Verwaltungsstellen und Ämtern. Ich schlage vor, täglich max. ein Gutachten oder Befundbericht.
  • Gesetz zur Entlastung der Ärzte von Verwaltungsaufgaben. Ich schlage die zwingende Einrichtung von Stellen für Praxismanager vor, welche extrabudgetär zu honorieren ist.

Sie sehen, für den Rest der Legislaturperiode haben Sie noch große Aufgaben. Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Machen Sie weiter so. Eine Kopie werde ich an den Vorstand der KV Sachsen senden, somit können Sie sich diesen Aufwand sparen.

In tiefer Dankbarkeit!

 

Dr. med. Daniela Schoch
Fachärztin für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Naturheilverfahren, Notfallmedizin, Kirschau