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KVS-Mitteilungen - Ausgabe 12/2018

Ausgabe 12/2018

zum Inhalt dieser Ausgabe

Vertreterversammlung



Die KV Sachsen stellt sich der Thematik der neuen Versorgungsmöglichkeiten

Bericht von der 73. Vertreterversammlung der KV Sachsen am 16. November 2018

Der Vorsitzende der Vertreterversammlung, Dr. Stefan Windau, begrüßte die Referentin aus dem Sächsischen Sozialministerium, Andrea Keßler, den Hauptgeschäftsführer der Sächsischen Landesärztekammer, Dr. Michael Schulte Westenberg, den Ehrenvorsitzenden der KV Sachsen, Dr. Hans-Jürgen Hommel sowie alle Mitglieder der Fachausschüsse und der Vertreterversammlung. Mit 36 stimmberechtigten Teilnehmern wurde die Beschlussfähigkeit festgestellt.

Bericht zur Lage – Kritik am Kabinettsentwurf des TSVG

Nach Einschätzung von Dr. Windau ist der Kabinettsentwurf zum Terminservice-und Versorgungsgesetz (TSVG) schärfer ausgefallen als der – bereits in der Kritik stehende – Referentenentwurf vom Sommer. Er enthalte neue Formulierungen, welche die weitere Verstärkung von Reglementierungen und Kontrollen zum Inhalt haben. „Ich befürchte, dass die Einrichtung der Erreichbarkeit der Terminservicestellen rund um die Uhr einen riesigen organisatorischen und finanziellen Aufwand bedeuten wird“, sagte er. Trotz zahlreicher Anstrengungen auf Bundesebene und der von der Sonder-Vertreterversammlung im September verabschiedeten Resolution konnten keine sinnvollen Änderungen des Gesetzentwurfs erreicht werden. Insgesamt sei es leider so, dass durch das TSVG das Anspruchsverhalten der Patienten gestärkt werde, ohne sie selbst in die Pflicht zu nehmen. Auch die Gutachten des Sachverständigenrates für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und weitere einschlägige Stellungnahmen heben immer mehr die Ansprüche und Rechte der Patienten hervor. Gleichzeitig werden – wie auch schon bisher – klare Maßnahmen zur Strukturierung der Patientensteuerung (ambulant /stationär und Hausärzte / Fachärzte) vermieden. In Bezug auf das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, das ab 1. Januar 2019 in Kraft tritt, prognostizierte Dr. Windau einen zunehmenden Verteilungskampf um das mittlere medizinische Personal. Der Gesetzgeber hat die Krankenkassen praktisch verpflichtet, tarifliche Steigerungen zur Bezahlung des Pflegepersonals in Krankenhäusern in vollem Umfang zu übernehmen. „Ich denke, wir werden zum Ende der Legislaturperiode ein völlig neues Versorgungssystem haben“, so Dr. Windau.

Geschäftsbericht – Bekämpfung von Fehlverhalten

Im Anschluss berichtete der Vorstandsvorsitzende der KV  Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, über die Tätigkeit der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Lesen Sie dazu bitte auch das Editorial in diesem Heft. Im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2017 wurden 14 Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten nachgewiesen. Die Rückforderungen stellen für die KV keinen Gewinn dar, sondern fließen in die Honorarverteilung zurück, betonte der Vorstandsvorsitzende. Hier befinde sich die KV Sachsen in einem Spannungsfeld zwischen Prüfung, Kontrolle und Einleitung von Strafmaßnahmen einerseits und dem Schutz der Vertragsärzteschaft vor einer ungerechtfertigten Minderung ihres Honorars – angesichts der immer noch bestehenden Honorarbudgetierung – andererseits, erklärte er und appelierte auch an die Vertreterversammlung, Bewertungen nicht allein anhand von Partikularinteressen vorzunehmen, sondern das Gemeinwohl zu berücksichtigen als unverzichtbarer Basis der ärztlichen Solidargemeinschaft.

MGV-Vereinbarung auf zwei Jahre beschränkt

Aufgrund eines Schreibens des Bundesversicherungsamtes sah sich die KV Sachsen gezwungen, die Vereinbarung zur Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) auf die Jahre 2018 und 2019 zu beschränken, obwohl ursprünglich ein Drei-Jahres-Zeitraum angestrebt wurde. „Leider können wir selbst bei den Gesamtvergütungsverhandlungen als dem Kernstück der ärztlichen Selbstverwaltung nicht frei agieren“, bedauerte Dr. Heckemann.

Zum einen setze der Gesetzgeber die KVen dahingehend unter Druck, dass die Verhandlungen jährlich bis zum 31. Oktober eines Jahres mit Wirkung für das Folgejahr zu vereinbaren sind. Zum anderen habe das Bundesversicherungsamt im Rahmen eines Rundschreibens zumindest mittelbar die Zulässigkeit einer dreijährigen Laufzeit in Frage gestellt.

Damit einher gingen leider ein Mehraufwand sowie eine Beschränkung des Handlungsspielraums der KV Sachsen in Bezug auf die Aushandlung und Vereinbarung eines adäquaten, der sachsenspezifischen Versorgungssituation gerecht werdenden Honorarniveaus, da die KV Sachsen an die vom Bewertungsausschuss mitgeteilte Veränderungsrate gebunden sei. Außerdem sehe das Bundesversicherungsamt darin „kein zulässiges Instrument zur Niveauangleichung an andere KV-Regionen oder zur ‚Nachholung‘ einer aus Sicht der Vertragspartner unzutreffenden Entwicklung vergangener Jahre“. „Das haben wir allerdings bereits mit der Entscheidung des BSG bezüglich der Kassierung der vom Landesschiedsamt festgelegten basiswirksamen Erhöhung der MGV um zusätzliche 2,8 Prozent im Jahr 2013 widerstrebend hinnehmen müssen“, so der Vorstandsvorsitzende.

Erreichbarkeitsmodell aus rechtlichen Gründen in Frage gestellt

Im Zusammenhang mit den restriktiven Rahmenvorgaben des Bundesversicherungsamtes erwähnte Dr. Heckemann, dass aus rechtlichen Gründen das in der MGV-Vereinbarung für die Jahre 2016 und 2017 verankerte Erreichbarkeitsmodell in Frage gestellt wurde. Dr. Heckemann bezeichnete dies als rechtlich nachvollziehbar, betonte jedoch, dass die KV Sachsen an einer Fortführung dieses Modells in einer angepassten, leistungsbezogenen Form, die dann auch sicher als rechtskonform eingeschätzt werde, sehr interessiert sei.

Modellprojekt „Studieren in Europa“ gegen den Ärztemangel

Kritisch hinterfragt werde auch gelegentlich das Modellprojekt der KV Sachsen „Studieren in Europa“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Sicherlich sei es ein Alleinstellungsmerkmal, dass eine Landes-KV gegen viele Widerstände Studienplätze in Ungarn vermittle und hierfür paritätisch auch Studiengebühren übernähme. Mittlerweile werden im Juni nächsten Jahres die ersten Studenten ihr Staatsexamen ablegen – und so mancher würde sich zum heutigen Zeitpunkt wünschen, dass es noch mehr wären. In Anwesenheit hochrangiger Vertreter aus der sächsischen Gesundheitspolitik findet in Pécs am 28. Juni 2019 der Festakt statt.

Da die Forderung nach Erweiterung der Anzahl der Medizinstudienplätze in Deutschland als eine wesentliche Maßnahme zur Reduzierung des Ärztemangels lange ungehört blieb, war dieses Modellprojekt notwendig geworden. „Über mehr Studienplätze in Deutschland zu sprechen ist mittlerweile durchaus möglich, und vielleicht haben wir daran auch einen kleinen Anteil“, resümierte Dr. Heckemann.

Liefersituation bei Grippeimpfstoffen

Aus aktuellem Anlass widmete sich Dr. Heckemann auch der Liefersituation bei Grippeimpfstoffen. Ärzte würden von der Politik und den Krankenkassen – an der neuralgischen Schnittstelle von Sozialversicherung und Marktwirtschaft – in ein Spannungsfeld von hohen Verwurfquoten einerseits und unzureichenden Impfstoffvorräten andererseits getrieben. „Generell vertrete ich die Auffassung, dass es eine originäre Aufgabe des Staates ist, die Rahmenbedingungen der Grippeschutzimpfungen als eine besondere Form der Daseinsvorsorge, auch und besonders im Hinblick auf die Vermeidung von Grippeepidemien, endlich so zu gestalten, dass sowohl eine hohe Durchimpfungsrate als auch ein reduziertes ärztliches Haftungsrisiko gewährleistet werden“, appellierte der Vorstandsvorsitzende an alle Verantwortlichen.

Telematikinfrastruktur – geringer Zeitaufschub

Am 9. November dieses Jahres wurde das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz im Bundestag beschlossen, wodurch auch § 291 Absatz 2b SGB V geändert wurde. Um keine Honorarkürzung ab 1. Juli 2019 zu riskieren, müssten alle Praxen bis Ende März die erforderliche Ausstattung für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur vertraglich vereinbart haben. Der geringe Zeitaufschub sei kein rechter Grund zur Freude, doch der TI-Anschluss sei nicht aufzuhalten, so Dr. Heckemann. Tatsächlich waren bis zum Ende des dritten Quartals 2018 etwa 15 Prozent der sächsischen Praxen eingebunden, etwa 40 Prozent dürften es am Jahresende 2018 sein. Da es aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit der TI-Komponenten auch objektiv für viele Praxen nicht möglich war, den Anschluss zu realisieren und bis jetzt nicht abzusehen ist, wann ausreichende Produktionskapazitäten zur Verfügung stehen, setzt sich die KBV auf Bundesebene weiter dafür ein, dass es auch ab 1. Juli 2019 keine Sanktionen für Ärzte bei fehlender TI-Anbindung gibt.

Entwicklung der Bereitschaftsdienstreform

Im Anschluss stellte Dr. Heckemann erste Erfahrungen und Erkenntnisse vom Start der Pilotphase aus den drei Modellregionen Annaberg / Zschopau, Görlitz / Niesky und Delitzsch / Eilenburg vor. So würden die neuen Bereitschaftspraxen gut von den Patienten angenommen und ebenso die Empfehlungen der Bereitschaftsdienstvermittlungszentrale (BDVZ). Die Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern gestalte sich durchweg positiv, sagte er. Auch Vorbehalte der ärztlichen Kollegen hinsichtlich der Praxisdienste, der ungewohnten Praxis-EDV und der neuen Umgebung konnten abgebaut werden. Erfreulich: Die Zahl der Dienste und vor allem der Dienststunden habe sich für die Ärzte deutlich reduziert.

Die zentral organisierten Fahrdienste in den Pilotregionen seien etabliert, auch hier konnte anfängliche Skepsis abgebaut werden. Längere Fahrstrecken als Problem- und Kritikpunkt müssten weiter beobachtet und nachfolgend evaluiert werden. Anfängliche technische Probleme, insbesondere im Bereich BDVZ und Steuerung der Bereitschaftsdienstfahrzeuge, seien im Grundsatz beigelegt, so Dr. Heckemann.

Nach Abschluss der Evaluation beginnt im Oktober 2019 der Rollout des neuen Bereitschaftsdienstes – und nach heutiger Planung beginnend mit den Regionen Aue-Schwarzenberg /Stollberg, Chemnitzer Land und Zwickau Stadt und Land, des Weiteren mit Löbau / Zittau, Hoyerswerda / Weißwasser und Meißen sowie Leipzig Stadt und Torgau / Oschatz. Ab 1. April 2020 würden Freiberg und Mittweida / Döbeln, Bautzen und Kamenz sowie Leipzig Land einbezogen. Ab 1. Oktober 2020 folgen Chemnitz Stadt, Vogtlandkreis, Dresden Stadt, Riesa /Großenhain, Pirna / Neustadt und Dippoldiswalde sowie der Muldentalkreis.

Änderung des HVM

Zum Honorarverteilungsmaßstab (HVM) brachte Dr. Heckemann eine Änderung zur Definition „Neupatient“ ein, zu der mit den Landesverbänden der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen das Benehmen hergestellt werden konnte.

Umstrukturierung der Terminservicestelle

Das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte TSVG wird mit großer Wahrscheinlichkeit in seiner jetzigen Form die Gremien passieren. Wie sich die KV Sachsen unter diesen Bedingungen der Sicherstellung der Patientenversorgung widmet und wie sie mit den neuen politischen Rahmenbedingungen umgehen will, zeigte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV Sachsen, Dr. Sylvia Krug, den Vertretern auf.

Ein großes Projekt wird die Umstrukturierung der Terminservicestelle (TSS) in Leipzig sein. Sie soll – nach dem Willen des Gesetzgebers – zusätzlich zur bisherigen Facharzt-Terminvermittlung für Patienten auch Termine bei Haus- und Kinderärzten vermitteln. Sie soll rund um die Uhr an sieben Wochentagen erreichbar sein und künftig auch Online-Angebote bieten. Es erfolgt eine Neugestaltung der TSS sowie eine Zusammenführung mit der Bereitschaftsdienstvermittlungszentrale sowohl räumlich, personell als auch inhaltlich unter der Rufnummer 116117.

Zur Umsetzung des Fernbehandlungskonzeptes wird ein ärztlicher Beirat gegründet. Ein ärztlicher Teilnehmerkreis für die Erprobungsphase des Fernbehandlungskonzeptes wird noch ausgewählt. Ab Januar 2019 könnte dann in zwei oder drei Regionen mit der Erprobung begonnen werden.
Hierzu wurden von den Vertretern verschiedene Aspekte diskutiert, die in einem Antrag des Vorstandsvorsitzenden zur Regionalisierung des Modells Fernbehandlung mündeten. Er beinhaltet die unabdingbare Prämisse, dass sich der telemedizinisch tätige Arzt in räumlicher Nähe zum Patienten befinden muss, so dass ein sich eventuell ergebender notwendiger persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt bei dem beratenden Arzt erfolgen oder der Patient über kollegiale Netzstrukturen zeitnah versorgt werden kann.

                                                                       – Öffentlichkeitsarbeit/pfl –