KVS-Mitteilungen

Die KV Sachsen im Spannungsfeld von Ärzteschaft, Politik und Medien
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
alle zwei Jahre ist der Vorstand der KV Sachsen verpflichtet, der Vertreterversammlung über die Tätigkeit der „Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ Rechenschaft abzulegen. Möglicherweise ist Ihnen diese Stelle unbekannt – dann sollte das in Ihrem Sinne gern auch so bleiben.
Es gehört zu den nicht so dankbaren Aufgaben der KV, gegebenenfalls gegen Ärzte zu ermitteln. Dazu hat uns der Gesetzgeber durch den § 81a SGB V verpflichtet, wenn ein Verdacht auf Unregelmäßigkeiten oder auf rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit den Aufgaben der KV besteht. Zur Vertreterversammlung am 16. November habe ich mich dazu geäußert. Nun möchte ich mich auf diesem Weg an Sie wenden.
In dieser Vorschrift ist zudem bestimmt, dass die KV en die Staatsanwaltschaft unverzüglich unterrichten sollen, wenn die Prüfung ergibt, dass ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen mit nicht nur geringfügiger Bedeutung bestehen könnte.
In dem oben genannten gesetzlichen Auftrag manifestiert sich einmal mehr und besonders deutlich die vielberufene Janusköpfigkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen: Die KV als Freund und Helfer des niedergelassenen Arztes einerseits – und in Personalunion als dessen „Kontrolletti“ (Sie erinnern sich vielleicht an die anmaßende Formulierung von Christopher Hermann, Vorstand der AOK Baden-Württemberg) oder gar strafrechtlicher Sargnagel andererseits.
Die Tätigkeit in diesem Spannungsfeld ist schwierig, da werden mir viele von Ihnen und vermutlich besonders die im Plausibilitätsausschuss tätigen Kollegen beipflichten. Sie bedarf aber trotzdem keiner schizophrenen Persönlichkeitsstruktur. Bei näherer Betrachtung ist die Janusköpfigkeit der KV oftmals nur eine vermeintliche. Dient doch eine korrekte Abrechnung angesichts der immer noch bestehenden Honorarbudgetierung nicht nur den vielen Einzelnen als Schutz gegen eine ungerechtfertigte Minderung ihres Honorars, sondern auch der vertragsärztlichen Gemeinschaft insgesamt als Schutz vor Rufschädigung.
Es handelt sich bei unserer Vertragsärzteschaft mithin um eine sowohl rechtlich-finanzielle als auch moralisch-ethische Solidargemeinschaft, die dann belastet wird, wenn einzelne Kollegen nur ihren persönlichen Vorteil sehen. Schwer erträglich wird es, wenn es diesen Kollegen gelingt, die Medien als sogenannte vierte Gewalt auf ihre Seite zu ziehen bzw. diese – vielleicht als Folge unzureichender Präsenz der Judikative – sich als selbsternannte Erfüllungsgehilfen der Justiz oder gar als Scharfrichter aufspielen. Die Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zur Überwindung dieser immer wieder auftretenden Phalanx aus gelegentlich zu verzeichnendem ärztlichen Egoismus, einfach zu manipulierender Öffentlichkeit und selbstherrlichen Medien belastet die Ressourcen der KV Sachsen unnötig.
Die Medien greifen das Thema gern auf: „Fleißiger Landarzt wird von Regressforderungen der KV Sachsen heimgesucht“. So oder ähnlich lauten die Meldungen bisweilen, wenn wir uns erlaubt haben, unserem gesetzlichen Auftrag zur Abrechnungsprüfung bzw. Plausibilitätsprüfung nachzukommen. Selbst in Fällen, bei denen die Zeitprofile den Anschein erwecken, der Kollege hätte rund um die Uhr gearbeitet, kann es schwer fallen, der Öffentlichkeit unseren gerechtfertigten Handlungsbedarf zu vermitteln. Der Umstand, dass ein übermäßiger Griff in den Honorartopf zur Benachteiligung korrekt abrechnender Ärzte führt, geht oftmals gänzlich unter – bei Verkennung der Tatsache, dass realisierte Rückforderungen für die KV Sachsen keinen Gewinn darstellen, sondern in die Honorarverteilung zurückgeführt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Ausführungen bitte ich zu verstehen als einen Appell sowohl an die Öffentlichkeit als auch an Sie. Bitte bewerten Sie Sachverhalte und Umstände nicht allein anhand von pressewirksam präsentierten Partikularinteressen, sondern in Sachzusammenhängen unter hinreichender Berücksichtigung des Gemeinwohls – denn dies ist unverzichtbare Basis unserer ärztlichen Solidargemeinschaft.
In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich
Ihr Klaus Heckemann