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Protonenpumpeninhibitoren - kritische Indikationsstellung

Die Verordnungen von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) nehmen stetig zu. Innerhalb von zehn Jahren sind die Verordnungen von PPI zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nach definierten Tagesdosen um mehr als das Dreifache angestiegen (2006: 1,2 Mrd. DDD; 2016: 3,8 Mrd. DDD). Dies ist allerdings nicht allein durch die Inzidenzzunahme der zugelassenen Anwendungsgebiete zu erklären. [1, 2]

Aus diesem Grund möchten wir hinsichtlich der wirtschaftlichen Verordnung von PPI informieren.

Folgende Punkte sind hierbei zu beachten:

Indikationskontrolle und individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung vor der PPI-Verordnung

  • Der Einsatz von PPI ist aufgrund möglicher Nebenwirkungen und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auf gesicherte Indikationen zu beschränken. Für die Anwendung bei Reizmagen-Syndrom fehlt beispielsweise nahezu die wissenschaftliche Evidenz. [3] Auch Polymedikation per se rechtfertigt keinen Einsatz von PPI.
  • PPI werden während des stationären Aufenthaltes meist zur Vermeidung von Stressulcera eingesetzt und im Krankenhausentlassbrief oft empfohlen. Eine medizinische Notwendigkeit für eine ambulante Verordnung liegt allerdings nicht immer vor. [4] Die Weiterverordnung von PPI ist demnach kritisch zu prüfen.
  • Nach einer Langzeittherapie von PPI werden potenzielle Nebenwirkungen wie erhöhtes Frakturrisiko, Entwicklung einer Nierenin-suffizienz oder Demenz kritisch diskutiert. [3] Einige Kohortenstudien zeigen zudem Hinweise für eine erhöhte Mortalität bei älteren Menschen. [5, 6, 7] Auch das Risiko für Hypomagnesiämie ist mit der Langzeiteinnahme von PPI assoziiert. [8]
  • Demnach sollte bei einer Langzeitanwendung regelmäßig eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
  • Die Rezidivprophylaxe sowie die Präventivanwendung für Risikopatienten mit dauerhafter NSAR-Therapie (z. B. Einnahme von NSAR bei Patienten mit Ulkuskomplikationen in der Vorgeschichte) werden von einzelnen Zulassungen abgedeckt und sind daher verordnungsfähig. Nicht jeder NSAR-Patient hat allerdings ein erhöhtes Risiko und bedarf einer Behandlung mit PPI.

Wirtschaftliche Verordnungsweise

  • Zur Kurzzeitbehandlung von Refluxsymptomen (z. B. Sodbrennen und saures Aufstoßen) bei Erwachsenen sind freiverkäufliche PPI zugelassen. Nach der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses sind für diese Indikation nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten des Versicherten zu verordnen, wenn sie zur Behandlung einer Erkrankung medizinisch notwendig, zweckmäßig und ausreichend sind. In diesen Fällen kann die Verordnung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels unwirtschaftlich sein. [9]
  • Hinsichtlich der Dosierung ist zu überprüfen, ob die zugelassene Dosierung eingehalten wird oder ob gegebenenfalls eine Dosisreduktion oder ein Auslassversuch vorgenommen werden kann. Eine Dosisreduktion und ein Auslassversuch sollten schrittweise erfolgen, da es zu einer überschießenden Magensäureproduktion kommen kann. Dies ist mit dem Patienten unbedingt zu besprechen, um eine zusätzliche PPI-Selbstmedikation zu vermeiden.

Bitte berücksichtigen Sie die aufgeführten Informationen zur individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung und zum wirtschaftlichen Einsatz von PPI bei Ihrer Therapieentscheidung.

Literatur
[1] U. Schwabe, D. Paffrath, Arzneiverordnungs-Report 2007, Springer-Verlag, 2008, Kapitel 35, Magen-Darm-Mittel und Laxantien, S. 668
[2] U. Schwabe, D. Paffrath, W.-D. Ludwig, J. Klauber, Arzneiverordnungs-Report 2017, Springer-Verlag, 2017, Kapitel 33, Magen-Darm-Mittel und Leberthera-peutika, S. 541 ff
[3] J. Mössner, The indications, applications and risks of proton pump inhibitors – a review after 25 years, Deutsches Ärzteblatt Int 2016, 113:477–83
[4] D. Ahrens et al., Appropriateness of proton pump inhibitor recommendations at hospital discharge and continuation in primary care, Int J Clin Pract, 2012 Aug, 66 (8): 767–773
[5] M. Maggio et al., Proton pump inhibitors and risk of 1-year mortality and rehospitalization in older patients discharged from acute care hospitals, JAMA Intern. Med, 2013, 173:518–23
[6] J. S. Bell et al, Use of proton pump inhibitors and mortality among institutionalized older people, Arch. Intern. Med. 2010, 170:1604–05
[7] M. Teramura-Grönblad et al., Risk of death associated with use of PPIs in three cohorts of institutionalized older people in Finland, J. Am. Med. Dir. Assoc. 2012, 13:488 (4 Seiten)
[8] Medsafe (Neuseeland): Prescriber Update 2012, 33:32
[9] § 12 Abs. 11 Arzneimittel-Richtlinie
 
Informationen

www.kvsachsen.de > Mitglieder > Verordnungen > Arzneimittel A–Z > Buchstabe „P“

            – Die gemeinsame Arbeitsgruppe* der KV Sachsen / KV Thüringen und der AOK PLUS –
              * im Rahmen der Vereinbarung zur Vermeidung von Arzneikostenregressen
 

Analyse zum Antibiotikaverbrauch

Das Robert Koch-Institut hat am 10. September 2018 wichtige Daten zur Antibiotika-Resistenz des Jahres 2017 veröffentlicht.

Die beiden Überwachungssysteme Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) und Antibiotikaverbrauchs-Surveillance (AVS) liefern entscheidende Referenzdaten und Informationen zur Resistenzentwicklung und zum Antibiotikaverbrauch für 2017. Ohne diese Daten können eingeleitete Maßnahmen zur Verbesserung der Antibiotika-Resistenz nicht überprüft und Defizite nicht erkannt werden. Die wichtigsten Grundsätze zur Eindämmung von Resistenzen sind die Vermeidung von Infektionen durch gute Hygiene und der Einsatz von Antibiotika nur dann, wenn es notwendig und sinnvoll ist. Mit dem Auf- und Ausbau der Surveillance-Systeme setzt das Robert Koch-Institut ein wichtiges Ziel der Deutschen Antibiotika-Resistenz-Strategie – genannt DART 20 – um.

Bei der Resistenzsituation gibt es seit Jahren unterschiedliche Trends bei den verschiedenen Bakterien. Der rückläufige Trend bei Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) setzt sich fort und liegt 2017 bei Blutkulturen erstmalig unter zehn Prozent. Bei Vancomycin-resistenten Enterokokken (Enterococcus faecium) liegt der Resistenzanteil 2017 in Blutkulturen bei über 16 Prozent. Im Vorjahr war der Anteil der resistent getesteten Isolate noch unter zwölf Prozent.

Die Resistenz gegenüber Cephalosporinen der 3. Generation liegt für alle klinischen Materialien bei Escherichia (E.) coli im ambulanten Bereich bei acht und im stationären Bereich bei zwölf Prozent. Bei Klebsiella (K.) pneumoniae ist der Unterschied zwischen dem ambulanten und stationären Bereich mit neun und 14 Prozent ebenso zu beobachten. Cephalosporine der 3. Generation sind eine wichtige Gruppe von Breitspektrum-Antibiotika. Wie die Penicilline gehören sie zur Gruppe der Betalactam-Antibiotika. Bei der Bewertung der Resistenzsituation im zeitlichen Verlauf wurde eine Zunahme der Resistenz in Blutkulturen gegenüber Cephalosporinen der 3. Generation sowohl bei E. coli als auch bei K. pneumoniae beobachtet. Die Resistenz gegenüber Carbapenemen, das sind ebenfalls Betalactam-Antibiotika mit breitem Wirkungsspektrum, liegt sowohl bei E. coli als auch bei K. pneumoniae weiterhin unterhalb von einem Prozent.

Die ersten Erfahrungen mit der Antibiotikaverbrauchs-Surveillance stellen RKI-Wissenschaftler in Kürze in einer Veröffentlichung im Journal of Antimicrobial Chemotherapy vor. Dort werden auch Analysen zum Antibiotikaverbrauch aus den Jahren 2015 und 2016 gezeigt. Die Auswertung der Daten erfolgte in Anlehnung an die Einteilung durch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die WHO ordnet Antibiotika in Abhängigkeit vom Risiko zur Resistenzbildung in die sogenannte Watch group oder in die Reserve group mit entsprechenden Anwendungsempfehlungen ein. Hier zeigen sich erwartungsgemäß deutliche Unterschiede im Verbrauch der Antibiotikagruppen und einzelner Antibiotika in Abhängigkeit von den Versorgungsstufen und -bereichen eines Krankenhauses.

Insgesamt wurden 81 Prozent der Antibiotika der Reservegruppe auf Intensivstationen verabreicht. Die am häufigsten eingesetzten Antibiotika auf Intensivstationen waren Carbapeneme und Piperacillin / Betalaktamase-Inhibitoren. In den medizinischen Abteilungen war der Antibiotikaverbrauch gleichmäßiger verteilt, dort wurden vor allem Fluorchinolone, Makrolide, Cephalosporine der 3. Generation und Piperacillin / Betalaktamase-Inhibitoren verwendet. In den chirurgischen Abteilungen sind die Cephalosporine der 2. Generation gefolgt von den Fluorchinolonen die meist eingesetzten Antibiotika.
 
Informationen
www.rki.de

                                                                 – Presseinformation des Robert-Koch-Instituts –