Flüchtlingsambulanz wird weitergeführt
Die Flüchtlingsambulanz Dresden, in der ein interdisziplinäres Team Asylsuchende und Flüchtlinge allgemeinmedizinisch, gynäkologisch, psychiatrisch und pädiatrisch behandelt, setzt ihre erfolgreiche Arbeit fort. Das haben die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, der Freistaat Sachsen und die Landeshauptstadt Dresden jetzt vereinbart.
Damit bleibt die bewährte Anlaufstelle in der Fiedlerstraße 25 im Haus 28 des Dresdner Uniklinikums in gewohnter Weise bestehen. „Wir haben eine gute Einigung erzielt“, lobt Dresdens Beigeordnete für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen, Dr. Kristin Klaudia Kaufmann, das Verhandlungsergebnis. Die Vereinbarung sichert den Fortbestand der Flüchtlingsambulanz bis 2020. Die drei Vertragspartner teilen sich die Kosten. Die Flüchtlingsambulanz Dresden habe sich nach den Worten der Bürgermeisterin bewährt und sei aktuell nicht aus der Stadt wegzudenken. „Der große Vorteil sind die erfahrenen Sprach- und Kulturmittler. Sie bauen Brücken zwischen Patienten und Medizinern. Das erleichtert die Diagnose und ermöglicht eine schnelle passgenaue Behandlung“, so Kaufmann weiter.
Dr. med. Klaus Heckemann, Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen, zeigt weitere positive Aspekte auf: „Mit der Einrichtung der Ambulanzen für Asylbewerber in Dresden und Chemnitz ist uns in den vergangenen Jahren eine Entlastung in den Praxen unserer niedergelassenen Ärzte in Sachsen gelungen. Das wird auch für die sächsische Bevölkerung spürbar.“ Durch den gezielten Einsatz interkulturell erfahrenen Personals in den Flüchtlingsambulanzen könne auch auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten unterschiedlicher Nationalitäten eingegangen werden.
Monatlich nutzen etwa 1.950 Menschen die Dresdner Flüchtlingsambulanz. Seit dem Start am 14. September 2015 wurde das Serviceangebot kontinuierlich weiterentwickelt und die Abläufe optimiert. Betrieben wird sie durch die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen. Eine vergleichbare Einrichtung gibt es innerhalb Sachsens nur noch in Chemnitz. Derzeit leben 1.549 Asylsuchende und 6.378 Asylberechtigte bzw. anerkannte Flüchtlinge in Dresden (Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 Abs. 1, 2 und 3 AufenthG, Stand 30. Juni 2018).
Information
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Asylbewerber
- Information der Landeshauptstadt Dresden -
Palliativmedizin: Maximale Therapie ist nicht immer besser - sie kann auch schaden
Palliativmedizin: Maximale Therapie ist nicht immer besser – sie kann auch schaden
Bei sterbenskranken Krebspatienten werden in den letzten Lebenstagen im Krankenhaus noch sehr belastende Therapien neu begonnen. Das zeigt eine Auswertung von Kassen-Abrechnungsdaten von Patienten, die wegen eines Tumorleidens stationär behandelt wurden und in der Klinik verstorben sind.
Der Fokus richtet sich auf die letzten beiden Lebenswochen: Bei etwa sechs Prozent der Betroffenen, also jedem Sechzehnten, wurde noch kurz vor dem Tod eine Chemotherapie neu begonnen. Bei ebenso vielen wurde eine Strahlentherapie neu begonnen. 4,5 Prozent der Patienten wurden mindestens einmal reanimiert.
„Hochgerechnet auf die Bundesrepublik sind damit schätzungsweise jährlich mehr als 36.000 todkranke Menschen davon betroffen, dass innerhalb der letzten 14 Tage ihres Lebens sehr belastende, mit schwerwiegenden Nebenwirkungen und Komplikationen verbundene Therapien neu begonnen werden“, erläuterte Professor Dr. Roland Linder, Versorgungsforscher der Techniker Krankenkasse (TK) anlässlich des Symposiums „Praxis Versorgungsforschung“ in Berlin vor rund 200 Wissenschaftlern und Praktikern. Das Symposium wurde gemeinsam von der TK und dem InGef (Institut für angewandte Gesundheitsforschung), einem Tochterunternehmen der spectrumK GmbH, ausgerichtet. Linder: „Die Zahlen zeigen, dass es ein relevantes Thema ist, wie Patienten am Lebensende behandelt werden. Hinter all den Zahlen stehen Menschen. Ihr Wohl und ihre Wünsche müssen im Mittelpunkt stehen.“
Zweite Meinung einholen
Aus seiner praktischen Tätigkeit berichtete der Palliativmediziner und Buchautor Dr. Matthias Thöns beispielhaft von individuellen Patientenschicksalen. Er plädierte für eine sensible Abwägung von Nutzen und Schaden medizinischer Eingriffe. Thöns: „Gerade in kritischen Situationen ist es wichtig, eine zweite Meinung einzuholen. Das gilt insbesondere für Patienten, die unheilbar krank sind. Sie sollten die Ärzte immer fragen, ob ein vorgeschlagener großer Eingriff oder eine aggressive Therapie tatsächlich ihr Leben verlängern und ihre Lebensqualität verbessern kann oder ob schwerwiegende Nebenwirkungen und mögliche Komplikationen überwiegen.“ Therapien seien nur dann sinnvoll, wenn es ein Therapieziel gebe. Spätestens wenn es das nicht mehr gebe, komme die Palliativmedizin ins Spiel. Sie könne Symptome und Beschwerden lindern und sogar lebensverlängernd wirken.
Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, plädierte dafür, die Präferenzen des Patienten möglichst früh in die Therapieentscheidung einfließen zu lassen: „Die Bedeutung der Kommunikation zwischen Arzt und Patient kann gar nicht überschätzt werden. Eine frühzeitige, empathische und offene Kommunikation hilft, schwierige Krankheitsphasen besser zu bewältigen.“
„Manchmal ist weniger mehr“
Auch Keynote-Speaker Professor Dr. mult. Eckhard Nagel von der Universität Bayreuth gab zu bedenken, dass bei aller Freude über den medizinischen Fortschritt dieser zwei besondere Herausforderungen an das Gesundheitswesen stellt: es braucht ein neues Maß für die sachgerechte medizinische Indikation und für eine angemessene ökonomische Bewertung der jeweiligen Leistung. Thomas Ballast, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der TK, betonte: „Viel hilft nicht immer viel, manchmal ist weniger mehr. Zu viel Diagnostik und Therapie kann auch problematisch sein und unter Umständen sogar schaden. Die Lebensqualität für den Patienten muss handlungsleitend sein.“
Antibiotikaeinsatz und Polymedikation
Neben der Versorgung am Lebensende ging es auf dem Symposium auch um den Antibiotikaeinsatz in der ambulanten Versorgung und die Frage nach dem tatsächlichen Nutzen von Polymedikation für Menschen, die an mehreren Erkrankungen gleichzeitig leiden.
Analysen auf Basis anonymisierter Routinedaten der InGef Forschungsdatenbank, die Dr. Jochen Walker, Geschäftsführer des InGef, vorstellte, zeigen, dass die Anzahl der verschriebenen Wirkstoffe stark mit der Anzahl der Erkrankungen und der Anzahl der behandelnden Ärzte korreliert. Saisonale Variationen von Antibiotikaverschreibungen sowie der steigende Anteil an Verschreibungen für Reserveantibiotika machen deutlich, dass es auch hier weiteres Verbesserungspotenzial gibt.
Die Frage, wieviel Therapie dem Wohl des Patienten dient, zog sich als roter Faden durch die gesamte Veranstaltung. „Die maximal mögliche medizinische Versorgung muss nicht in jedem individuellen Fall auch die optimale Versorgung für den Patienten in seiner konkreten Situation sein“, stellte Yves Rawiel, Geschäftsführer von spectrumK, in seinem Fazit fest. „Die Entscheidung für oder gegen eine Therapie sollte immer von Arzt und Patient gemeinsam getroffen werden.“
- Informationen der TK -