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KVS-Mitteilungen - Ausgabe 07-08/2018

Ausgabe 07-08/2018

zum Inhalt dieser Ausgabe

Berufs- und Gesundheitspolitik



Sicherer und verantwortungsvoller Umgang mit Behandlungsdaten

Mit einer gemeinsamen Erklärung haben sich am 12. Juli 2018 die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gewandt. Bei der Ausgestaltung einer elektronischen Patientenakte gibt es derzeit Überlegungen, einen direkten Zugriff der Krankenkassen in die Praxisverwaltungssysteme von Ärzten und Psychotherapeuten zuzulassen. Im Sinne eines sicheren und verantwortungsvollen Umgangs mit Behandlungsdaten ist ein direkter Zugriff in die Praxissoftware für KVen und KBV nicht hinnehmbar.

Der strukturierte und sichere Austausch von medizinischen Behandlungsdaten unter uns Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten und deren Weitergabe an unsere Patienten ist ein elementares Ziel im digitalen Zeitalter, das wir alle gemeinsam verfolgen. Einem direkten Zugriff in die Praxisverwaltungssysteme von uns Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten von außen und dem Auslesen von Behandlungsdaten erteilen wir jedoch eine klare Absage. Wir werden keine Systeme akzeptieren, die in unsere Praxissysteme eingreifen, wie sie von einer Kassenart derzeit propagiert werden. Auch der Zugriff von einem beauftragten Dritten ist für uns nicht hinnehmbar.

Wir bekennen uns gleichzeitig zu einer Übermittlung von standardisierten Behandlungsdaten an eine lebenslange und kontinuierlich verfügbare elektronische Akte je Patient. Hierbei muss die Datenhoheit für die elektronische Patientenakte bei den Patienten liegen. Die in der elektronischen Arztakte dafür erforderlichen Datenstandards und damit verbundenen Schnittstellen der Praxisverwaltungssysteme müssen für die Ärzte und Psychotherapeuten von der KBV definiert werden.

Die höchst vertrauliche Arzt-Patienten-Kommunikation ist wesentliches Selbstverständnis unseres Berufes und bedarf eines besonderen Vertrauensschutzes. Wir werden im Sinne unserer Mitglieder nicht zulassen, dass diese besondere Beziehung zu unseren Patienten durch technische Lösungen aufgebrochen wird, die einen direkten Zugriff in die vertrauliche Arztdokumentation beinhalten.

Für die Vorstände der KVen und der KBV


Dr. Andreas Gassen
Vorstandsvorsitzender der KBV

                       - Gemeinsame Erklärung der KVen und der KBV vom 12.07.2018 -

Experten fordern medizinische Versorgung aus einer Hand

Der „6. Dresdner Dialog am Flughafen“ war dem Thema sektorenübergreifende Versorgung gewidmet. Referenten aus den Bereichen Krankenkasse, Klinik, KV und Politik stellten ihre Perspektive auf ein patientenorientiertes Gesundheitssystem vor.

Nach wie vor ist die Grenze zwischen den Sektoren ambulant und stationär eine der großen Baustellen des deutschen Gesundheitssystems. Jeder Bereich funktioniert nach seiner eigenen Logik. Wichtige Informationen bleiben häufig auf der Strecke, wenn Patientinnen und Patienten zwischen Hausarzt, Krankenhaus, Facharzt oder Heilmittelerbringern pendeln. Doch gerade ältere Menschen mit mehrfachen Erkrankungen sind darauf angewiesen, dass akutmedizinische und rehabilitative Leistungen gut aufeinander abgestimmt sind.

Beim „6. Dresdner Dialog am Flughafen“ wurden Handlungsfelder für die patientenorientierte Versorgung vorgestellt. Zu den Forderungen der Krankenkasse gehört eine einheitliche Bedarfsplanung, die niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser einschließt. Nur so könne der häufigen Über-, Unter oder Fehlversorgung von Patienten begegnet werden. Außerdem müssten gleiche Leistungen, ob in Arztpraxen oder Krankenhäusern, auch gleich vergütet werden.

Dr. Klaus Heckemann, Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen, stellte die Bereitschaftsdienstreform als ein Beispiel für die sektorenübergreifende Versorgung vor. Außerdem verwies er auf die regionalen Versorgungsverbünde, die vor allem im ländlichen Raum entstehen sollen. Mit der Oberlausitz und dem Erzgebirge probt der Freistaat Sachsen den Abbau von Sektorengrenzen bereits in zwei Modellregionen.

Zudem müssten auch die Möglichkeiten der Telemedizin für eine bessere, integrierte Versorgung einbezogen werden, war man sich einig. Bei dem Verfahren kann mit Hilfe von Kommunikationsmitteln eine Fernbehandlung von Patienten stattfinden. Doch es wurde auch klar, dass bis zu einer medizinischen Regelversorgung aus einer Hand noch viele Grenzen überschritten werden müssen.

Die Veranstaltung wird alljährlich von der BARMER Krankenkasse organisiert.

Informationen
www.sachsen-fernsehen.de  > Experten fordern medizinische Versorgung aus einer Hand

                                                      – Nach Informationen der BARMER Sachsen –

GMK fordert stärkere Patientenorientierung, lehnt aber Entbudgetierung ab

Die 91. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat auf ihrem zweitägigen Treffen in Düsseldorf darüber beraten, wie die Patientenorientierung in der gesundheitlichen Versorgung künftig verbessert werden kann. Der Vorschlag zur Entbugetierung, den der schleswig-holsteinische Gesundheitsminister Heiner Garg eingebracht hatte, wurde abgelehnt.

Schwerpunkte des beschlossenen Maßnahmenbündels liegen in der Fortentwicklung der Patientenrechte und der transparenten Patienteninformation, der Barrierefreiheit im Gesundheitswesen sowie der Patientensicherheit – insbesondere im ambulanten Bereich. Die verantwortlichen Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren der Länder sind überzeugt, dass eine Orientierung an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten dazu dient, Schwachstellen aufzudecken und Verbesserungspotential auszuschöpfen.

Die Verantwortlichen der Länder sprachen sich unter anderem für die Stärkung der Gesundheitskompetenz sowie für mehr Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten aus. Patientenbeteiligung solle im Sinne der Selbstbestimmung in allen Bereichen der Telematik-Anwendungen und Telemedizin berücksichtigt werden. Darüber hinaus müsse die Patientenkommunikation von allen Beteiligten des Gesundheitswesens verbessert werden. Weiter- und Fortbildungen in dem Bereich könnten Informationsverluste durch fehlende Kommunikation verringern.

Große Enttäuschung: Entbudgetierung abgelehnt

Auf scharfe Kritik stoßen die Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz dagegen bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Die Aussagen und Beschlüsse der Ministerrunde, auch wenn sie nicht bindend sind, helfen den Ärztinnen und Ärzten in keiner Weise“, sagte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV heute in Berlin. „Eine zukunftsfeste medizinische Versorgung lässt sich so nicht gestalten“, lautete das Resümee von Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.

„Patientenschutz ist wichtig – das zeigt sich am besten in einem funktionierenden Arzt-Patient-Vertrauensverhältnis. Die Patienten vertrauen ihren Ärzten“, erklärte Hofmeister. „Es wäre absolut wünschenswert, wenn Politiker die gleiche Energie aufbringen würden, den Niedergelassenen gute Rahmenbedingungen zu schaffen, anstatt einer Misstrauenskultur zu frönen. Ständige politische und unsachgemäße Eingriffe schaden enorm und dauerhaft“, so KBV-Chef Gassen.

„Eine Chance ist versäumt worden, den Weg der Entbudgetierung zu beschreiten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Milliardenpolster der Krankenkassen absolut unverständlich. In diesem Zusammenhang danke ich dem schleswig-holsteinischen Gesundheitsminister Herrn Garg ausdrücklich für sein Engagement und seinen Einsatz für dieses Thema. Im Übrigen gilt: Diejenigen, die Patienten versorgen, Krankheiten heilen und lindern, sind die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Und nur sie! Das machen keine Politiker“, führte Gassen aus.

2019 hat Sachsen den Vorsitz

Im kommenden Jahr wird Sachsen den Vorsitz der Gesundheitsministerkonferenz übernehmen und seinen Schwerpunkt auf Innovationen im Gesundheitswesen legen, die sich insbesondere mit der Digitalisierung ergeben.

„Die Telemedizin bietet eine enorme Chance, den demografischen Wandel gestalten zu können. Der Beschluss des Deutschen Ärztetages zum Wegfall des Fernbehandlungsverbotes war ein Durchbruch, um digitale Anwendungen nun auch praktikabel in der Gesundheitsversorgung einzusetzen. Ich hoffe, dass wir jetzt zügig Fortschritte bei der Entwicklung der elektronischen Patientenakte sowie eine Zunahme beim Einsatz der Videosprechstunde erreichen werden. Telemedizin soll die direkte ärztliche Behandlung allerdings niemals ersetzen. Was wir mit Telemedizin erreichen können, ist eine deutliche Entlastung der Ärzte und damit eine Stärkung der medizinischen Versorgung. Das ist gerade im ländlichen Raum besonders wichtig.“, sagte Regina Kraushaar, Staatssekretärin im Sächsischen Ministerium für Soziales (SMS).

Am 17. September veranstaltet das SMS einen „Tag der Telemedizin“ in Leipzig mit bundesweiter Beteiligung, von dem auch wichtige Impulse für den GMK-Vorsitz im kommenden Jahr ausgehen sollen.

Ein weiterer Schwerpunkt Sachsens als Vorsitzland im kommenden Jahr ist die sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung. „Die medizinische Versorgung in der Zukunft muss fließend und passgenau zwischen ‚ambulanter‘ und ‚stationärer‘ Behandlung ablaufen und muss auf den jeweiligen konkreten Bedarf der Patienten reagieren. Gerade in unterversorgten Regionen auf dem Land sind doch innovative Lösungen gefragt, damit wir die demografischen Herausforderungen im Gesundheitsbereich bewältigen. Wir werden zum Beispiel in Modellen zur Notfallversorgung erproben, wie die Grenzen zwischen den beiden ‚Welten‘ überwunden werden können“, so die Staatssekretärin abschließend.

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) ist das zentrale Gremium der Zusammenarbeit und der Koordination der Interessen der Bundesländer in gesundheitspolitischen Fragestellungen. Ihr gehören die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister sowie die Gesundheitssenatorinnen und Gesundheitssenatoren der Länder an. Der Bundesgesundheitsminister ist ständiger Gast der GMK. Nordrhein-Westfalen hatte im Jahr 2018 den Vorsitz der GMK inne. Im kommenden Jahr wird der Freistaat Sachsen den Vorsitz übernehmen.

                                             – Nach Informationen der GMK, der KBV und des SMS – 

TI-Rollout: Stimmen nach Aussetzen der Sanktionsfrist werden lauter – KBV-Vorstand: BMG muss jetzt handeln

Telematik – Die KBV erhält mit ihrer Forderung nach einer Fristverlängerung für die Anbindung der Praxen an die Telematikinfrastruktur (TI) immer mehr Rückendeckung aus der Politik. Aktuell sprach sich Bundestagsmitglied Tino Sorge für ein rasches Umdenken beim TI-Rollout aus. Ärzte, betonte der CDU-Gesundheitspolitiker, sollten für unverschuldete Verspätungen nicht sanktioniert werden.

„Immer mehr Politiker machen sich dafür stark, dass die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nicht für etwas bestraft werden, wofür sie nicht verantwortlich sind. Jetzt muss Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) handeln und unverzüglich die Frist für die Einführung der neuen Technik um mindestens ein halbes Jahr verlängern“, appellierte heute in Berlin Dr. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Das E-Health-Gesetz sieht Honorarkürzungen vor, wenn Praxen ab 2019 nicht die Versichertendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte online abgleichen können. Dafür müssen sie an das digitale Kommunikationsnetz, die TI, angeschlossen sein. „Es ist heute schon klar, dass es bis Jahresende weder genügend Konnektoren noch ausreichend Kapazitäten an Technikern geben wird, um die Geräte innerhalb dieser kurzen Frist in bundesweit allen rund 100.000 Praxen zu installieren“, sagte Kriedel.

Dass der Termin nicht gehalten werden kann, sei nicht die Schuld der Ärzte und Psychotherapeuten, stellte er klar. Die meisten von ihnen hätten bereits Vorbereitungen getroffen, bekämen jedoch keine Geräte. Deshalb sei es ein Irrglaube zu meinen, dass das Festhalten an der Sanktionsfrist die Anbindung der Praxen an die TI beschleunigen werde. Das Gegenteil sei eher der Fall. „Solche unrealistischen Zielvorgaben, verbunden mit Sanktionen, können jegliche Akzeptanz der TI zunichte machen“, warnte Kriedel.

Die KBV verlangt bereits seit Monaten, dass der Starttermin verschoben wird und es keine ungerechtfertigten Honorarkürzungen geben darf. Unterstützung erhält sie dabei unter anderem von der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. In einem Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung ebenfalls auf, die Frist mindestens um ein halbes Jahr zu verlängern und die wegen zeitlichen Verzögerungen drohenden Vergütungskürzungen dauerhaft zurückzunehmen.

Auch CDU-Gesundheitspolitiker Sorge stellte in einer Pressemitteilung klar, dass die Ärzte keine Schuld treffe und sie vor ungerechtfertigten Sanktionen zu schützen seien. Als eine Sofortmaßnahme schlägt er vor, dass ab sofort der Zeitpunkt der verbindlichen Bestellung des Konnektors ausschlaggebend für die Höhe der Erstattung sein solle und nicht der Tag der KBV-Vorstandsmitglied Kriedel sagt dazu: „Wir begrüßen es sehr, dass immer mehr Politiker das Problem erkennen und auf rasche Lösungen drängen.“ Er appellierte erneut an den Bundesgesundheitsminister, die Frist für die Einführung der Technik mindestens bis zum 30. Juni 2019 zu verlängern: „Wir brauchen die Entscheidung sofort.“

                                                - Pressemitteilung der KBV vom 11.07.2018 -

Arzneimittelrückstände im Abwasser – den Schadstoffen auf der Spur

Unter dem Titel „Medizin trifft Kläranlage“ lud die Stadtentwässerung Dresden GmbH (SEDD) Interessenten aus verschiedenen Berufsständen in die Räumlichkeiten direkt an der Kläranlage Dresden-Kaditz ein.

Ziel war es, durch gut strukturierte Vorträge die anwesenden Ärzte, Apotheker, Wissenschaftler, Leiter von Pflegeeinrichtungen und Politiker für die Problematik von Arzneimittelrückständen im Abwasser zu sensibilisieren. Am Ende der Veranstaltung war man sich einig: „Es gibt keinen Grund zum Alarmismus, aber auch keinen Grund, sich zurückzulehnen.“

Unter Federführung des sächsischen Forschungsprojektes „MikroModell“ (www.mikro-modell.de) widmete sich die Veranstaltung den Fragen: Wie können die Arzneimittelrückstände verringert werden? Wie gehen wir mit dem Arzneimittelkonsum um? Was muss getan werden, damit Arzneimittel umweltfreundlicher und die Gewässer weniger belastet werden?

Folgende Arzneimittel werden derzeit besonders häufig im Abwasser nachgewiesen:

  • jodierte Röntgenkontrastmittel
  • das Antiepileptikum Carbamazepin
  • das Analgetikum / Antiphlogistikum Diclofenac
  • das Antibiotikum Sulfamethoxazol
  • Lipidsenker
  • Beta-Blocker
  • synthetische Hormone

Ursache sind unter anderem Produktionsrückstände, deren Entsorgung nicht oder nur unzureichend geregelt ist, die Ausscheidung von Arzneimitteln aus dem menschlichen und tierischen Körper und die Fehlentsorgung von Arzneimitteln in der Toilette oder Spüle. Hinzu kommt, dass das Abwasser derzeit nicht komplett von Arzneimittelrückständen gereinigt wird. Das Umweltbundesamt drängt auf die Einführung einer sogenannten vierten Reinigungsstufe. Die technischen Möglichkeiten stehen zwar zur Verfügung, sind jedoch mit hohen Kosten verbunden.

Was bedeutet das für die Bevölkerung?

Das Umweltbundesamt schätzte 2014 die Situation wie folgt ein: „Einige wenige Arzneimittel finden sich auch im Trinkwasser. Dazu gehören die Schmerzmittel Diclofenac, Ibuprofen und Phenazon sowie das Antibiotikum Sulfamethoxazol, aber auch […] 17a-Ethinylestradiol.“ Diese Rückstände sind nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse für Menschen zwar ungefährlich, es ist aber bekannt, dass im Wasser lebende Organismen durchaus beeinflusst werden können. „Entsprechend der spezifischen Wirkung des Arzneimittels können unterschiedliche Organismen in der Umwelt betroffen sein. So reagieren beispielsweise Fische und Schnecken auf geringste Konzentrationen des Wirkstoffes […] 17a-Ethinylestradiol mit drastischen Veränderungen an ihren Fortpflanzungsorganen wie der Verweiblichung männlicher Tiere. Die Folge dieser endokrinen Wirkung ist, dass sich diese Tiere nicht mehr fortpflanzen können und die Population geschwächt wird. Pflanzen und Algen werden durch Antibiotika in ihrem Wachstum gehemmt“, heißt es im Bericht. Diclofenac zum Beispiel kann Leber und Nieren von Fischen schädigen.

Was können Mediziner und Pharmazeuten tun, um Arzneimittelrückstände im Abwasser einzudämmen?

Als erstes muss die pharmazeutische Industrie reagieren. Dies betrifft die forcierte Forschung im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit von neuen Arzneimitteln und die Ausschöpfung von Informationsmöglichkeiten, wie beispielweise die Aufnahme von Entsorgungshinweisen auf dem Beipackzettel.

Umweltbelastende Arzneimittel einfach vom Markt zu nehmen ist keine Option: Dies würde in die Therapiefreiheit der Ärzte eingreifen. Insbesondere bei Arzneimittelunverträglichkeiten ist eine therapeutische Vielfalt zwingend erforderlich. Weder die Möglichkeit der Verschreibung der am besten geeigneten Therapie (im Einzelfall) noch die kontinuierliche Einnahmetreue der Patienten dürfen eingeschränkt bzw. gefährdet werden.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde der Arzneimittelverbrauch in Deutschland diskutiert, welcher pro Jahr mit ca. 30.000 Tonnen beziffert wurde. Prognosen gehen bis 2045 von einem weiteren Wachstum des rezeptpflichtigen Humanarzneimittelverbrauchs von 43 bis 69 Prozent aus. Verordnende Ärzte sollten prüfen, ob jedes verordnete Arzneimittel wirklich notwendig ist. Dass diese Forderung mit Schwierigkeiten und Grenzen verbunden ist, war allen Anwesenden klar.

Konsens war, dass vor allem der korrekte Umgang und die richtige Entsorgung von Arzneimitteln mehr Beachtung in der Bevölkerung finden müssen. Das beginnt mit der Förderung von Compliance und endet mit dem Hinweis zur Rückgabe von Arzneimitteln, teilweise in der Apotheke, dem Wertstoffhof oder dem Schadstoffmobil. Hierzu gibt es im Bereich Leipzig seit fast sieben Jahren die Vereinbarung von Apotheken und Stadtreinigung, kostenlos Altarzneimittel von Apotheken abzuholen. Die Apotheke nimmt die Altarzneimittel inklusive Umverpackung von Patienten entgegen, lagert sie bis zur vereinbarten Abholmenge und organisiert die Abholung, wobei die Rücknahme in der Apotheke eine freiwillige Leistung ist. Rund 90 Prozent der Leipziger Apotheken beteiligen sich daran.

Derzeit gibt es den generellen Rat, dass Altarzneimittel als Restmüll zu entsorgen sind, allerdings nur, wenn der Hausmüll verbrannt wird. Dabei muss der sonst geltende Grundsatz der Mülltrennung unbedingt missachtet werden. Der Hustensaft darf nicht in die Toilette gegossen werden, nur um die Glasflasche in den Altglascontainer werfen zu können. Richtig ist, die Flasche verschlossen im Restmüll zu entsorgen. Nach Schätzungen werden fünf bis 20 Prozent der Altmedikamente nicht richtig entsorgt. Bei Befragungen gab jeder Zweite an, Arzneimittel schon mal in der Toilette entsorgt zu haben. Hier ist Aufklärung notwendig.

Weitere Informationen
www.stadtentwaesserung-dresden.de > Infokanal > Meldungen

                                                                                   – Verordnungs- und Prüfwesen/ja –