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Sicherstellung durch Kompetenz und Präsenz

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in Zeiten, wo ein neuer Gesundheitsminister nach karrierefördernden Reformen Ausschau hält und Wohltaten für das Wahlvolk plant, haben wir als KV es nicht leicht, in der medialen Welt um Aufmerksamkeit – mit positiver Berichterstattung über die Erfüllung unseres Versorgungsvertrages – zu werben. Doch genau dies will ich versuchen. In § 72 SGB V hat der Gesetzgeber den KV en den umfassenden Sicherstellungsauftrag für die ambulante Behandlung erteilt, den die Selbstverwaltung der Vertragsärzte über ihre Mitglieder zu organisieren und zu gewährleisten hat. Die Einzelheiten werden stets aktuell über den Bundesmantelvertrag und die Sicherstellungsstatute der einzelnen KV en geregelt.

Dabei spielt die Ausgestaltung der Präsenzpflicht eine wichtige Rolle, weil Defizite in diesem Bereich oft Gegenstand medialer Schelte sind, während die Kompetenz der sächsischen Vertragsärzte in hohem Ansehen steht. Beleg dafür ist zum Beispiel auch die Tatsache, dass im Bereich der Bezirksgeschäftsstelle Dresden im letzten Quartal keinerlei Honorarkürzungen wegen des Fehlens des Fortbildungszertifikates angeordnet werden mussten.

Doch zurück zum Sorgenfaktor Präsenz: Die Problematik ergibt sich zuerst aus der Tatsache, dass der volle Versorgungsauftrag bei einer Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit bereits mit 20 Stunden Sprechzeiten korrekt erfüllt ist, auch wenn momentan 25 Stunden diskutiert werden. Der sicherzustellende Zeitraum außerhalb der durch Bereitschafts- und Notdienste abgedeckten Zeiten beträgt aber 50 Stunden pro Woche: Montag / Dienstag / Freitag von 07:00 bis 19:00 Uhr und Mittwoch / Freitag von 07:00 bis 14:00 Uhr. Hier gilt es, praktikable intelligente Lösungen unter Einsatz moderner Kommunikationssysteme zu installieren und in kollegialer Absprache und Arbeitsteilung zu agieren.

Das lässt sich selbstredend in einer Berufsausübungsgemeinschaft einfacher realisieren als in den Einzelpraxen. Dort ist die Organisation kollegialer Vertretung etwas aufwendiger. Wir sollten uns jedoch bewusst sein, dass auch der mündige Patient mit Dr.-Google-Hintergrund unserer Navigation und Führung im ambulanten Betreuungssystem bedarf. Für ein empathisch intendiertes Herangehen an die Problematik der Präsenzpflicht ist es unzweifelhaft nützlich, wenn wir uns an Erlebnisse erinnern können, als wir Ärzte vielleicht selbst schon einmal in die Rolle als Patient schlüpfen mussten und Erfahrungen „auf der anderen Seite des Systems“ gemacht haben.

Im Sinne einer dem Monat Mai angemessenen Charmeoffensive möchte ich an das von der KV Sachsen am 1. Juli 2017 begonnene Erreichbarkeitsmodell erinnern. Seit dem Start des Projektes – im Juli für Kassenärzte und seit Oktober auch für Psychotherapeuten – haben inzwischen 1.500 Praxen, also etwa 25 Prozent der sächsischen Vertragsärzte, ihre Teilnahme signalisiert. Durch eine schriftliche Erklärung verpflichten sich die Teilnehmer zur kontinuierlichen telefonischen Erreichbarkeit am Montag / Dienstag / Donnerstag von 08:00 bis 18:00 Uhr und am Mittwoch / Freitag von 08:00 bis 13:00 Uhr. Dafür erhalten sie pro Quartal eine Aufwandspauschale, die bisher bei keinem Teilnehmer wegen nachweislicher Nichterfüllung der Anforderungen storniert werden musste. Diese zusätzliche Vergütung soll u. a. auch Anreize setzen, in die technische Ausstattung mit modernen Telefonanlagen und Anrufbeantwortern zu investieren.

In der Hoffnung, Ihr Interesse am Projekt besserer Erreichbarkeit geweckt zu haben und im Vertrauen auf Ihr Engagement bezüglich fairer kollegialer Zusammenarbeit und angemessener Ausgestaltung unseres ambulanten Versorgungsauftrages

grüße ich Sie herzlich
Ihr Johannes-Georg Schulz