Sie befinden sich hier: Startseite » Mitglieder » KVS-Mitteilungen » 2018 » 05/2018 » Online-Angebote

Auf dem Weg zur Telematik-Infrastruktur

Hier erhalten Sie einen Überblick über die geltenden Fristen und den aktuellen Stand (10. April 2018) zur Umsetzung.

Daran kommt keiner vorbei: die Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen soll bis zum Dezember 2018 flächendeckend umgesetzt sein. Durch Deutschlands größtes Gesundheitsnetz sollen Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen und weitere Akteure des Gesundheitswesens schneller und einfacher miteinander kommunizieren und medizinische Daten austauschen können. Das dafür notwendige digitale Kommunikationsnetz ist die Telematikinfrastruktur. Oberste Priorität hat die Datensicherheit. So hat es der Gesetzgeber bereits 2003 beschlossen. Im Jahr 2015 kamen mit dem E-Health-Gesetz konkrete Anwendungen und Zeitpläne hinzu.

Vernetzung mit höchster Sicherheit

Verantwortlich für den Aufbau, Betrieb und die Weiterentwicklung der TI ist die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, kurz gematik. Gesellschafter der gematik sind der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Bundesärztekammer und die Bundeszahnärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Deutsche Apothekerverband. Für den Anschluss an die TI benötigt jede Haupt- und jede Nebenbetriebsstätte folgende technische Komponenten: einen Konnektor, mindestens ein stationäres Kartenterminal, ggf. ein mobiles Kartenterminal (für Hausbesuche und ausgelagerte Praxisstätten), einen Praxisausweis (SMC-B-Karte), VPN-Zugangsdienst, Software-Update des Praxisverwaltungssystems (PVS) und optional einen elektronischen Heilberufeausweis. Welche Anbieter zugelassen sind, veröffentlicht die gematik auf ihrer Internetpräsenz. Die zugelassenen Praxisausweis-Anbieter sind ebenfalls auch auf der Internetpräsenz der KBV hinterlegt.

Erste Komponenten zugelassen

Anfang November 2017 hatte die gematik die ersten Komponenten für die Anbindung von Praxen an die TI zugelassen. Ein erster Anbieter von Praxisausweisen, die Bundesdruckerei, hat im Dezember 2017 eine Zulassung der KBV für den vertragsärztlichen Bereich erhalten. Einige Hersteller von Praxisverwaltungssystemen (PVS) haben zudem bereits die notwendigen Anpassungen vorgenommen, damit auch die Praxissoftware die TI-Anforderungen erfüllt. Die Gesellschafterversammlung der gematik hatte Anfang Juni 2017 den Produktivbetrieb der Telematikinfrastruktur ab dem 1. Juli 2017 mit der ersten Anwendung Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) freigegeben. Fest steht auch, in welchem Umfang die gesetzlichen Krankenkassen die Aufwendungen für die Erstausstattung der Praxen und den laufenden Betrieb erstatten müssen. Die KBV und der GKV-Spitzenverband haben dazu eine Finanzierungsvereinbarung (Anlage 32 BMV-Ärzte) abgeschlossen.

Aktueller Stand

Am Jahresanfang hat sich ein für alle Vertragsärzte und -psychotherapeuten wichtiges Datum verändert: Die Frist, bis zu der alle Praxen für das erste sogenannte VSDM bereit sein sollen und somit an die TI angeschlossen sein müssen, hat der Gesetzgeber um ein halbes Jahr auf den 31. Dezember 2018 verschoben. Ohne VSDM droht Praxen ein Honorarabzug in Höhe von einem Prozent. Die genauen Regelungen für eventuelle Honorarabzüge wurden bisher nicht festgelegt. Nur bei Versorgungsanlässen ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt, bei denen die Versichertenkarte nicht eingelesen wird, zum Beispiel Laboruntersuchungen, entfällt die Pflicht zum VSDM. Ein anderer Sonderfall betrifft Anästhesisten, wenn sie außerhalb ihrer Praxisräume tätig sind und dabei mobile Kartenterminals nutzen. Auch für diese Gruppe entfällt die Pflicht zum VSDM.

Lieferschwierigkeiten der Industrie sorgen aktuell für Verzögerungen bei der Anbindung der Praxen an die Telematikinfrastruktur. Es hakt bei den Konnektoren, die für einen Anschluss benötigt werden. Der bislang einzige Hersteller hat mit der Ausstattung begonnen, aber das geht offenbar zu langsam. Die Erstattungspauschale für den Konnektor, auf die sich KBV und GKV-Spitzenverband in ihrer Finanzierungsvereinbarung verständigt hatten, wird voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2018 nicht mehr kostendeckend sein. Der ursprünglichen Kalkulation lag die Annahme zugrunde, dass es durch mehrere Marktteilnehmer eine Preissenkung geben würde. Da die Zeit drängt, hat die KBV vorsorglich das Bundesschiedsamt bereits im März 2018 angerufen. Eine Lösung wird bis zum 1. Juli gebraucht – also bis zum Beginn des dritten Quartals, ab dem mit einer größeren Unterdeckung der Marktpreise der erstattungsfähigen Komponenten durch die TI-Finanzierungspauschalen zu rechnen ist. Des Weiteren will die KBV beim Gesetzgeber eine erneute Fristverlängerung um mindestens ein halbes Jahr, also bis Mitte 2019, erwirken, um das Sanktionsrisiko zu entschärfen.

Erste Anwendung: Versichertenstammdatenmanagement (VSDM)

Der Start der Telematikinfrastruktur bringt neben der Anbindung an das Netz zunächst nur eine konkrete Anwendung – das VSDM. Dabei werden in der Arztpraxis die Versichertendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) überprüft und bei Bedarf aktualisiert. Die eGK wird wie gehabt bei jedem ersten Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal über das (dann TI-fähige) Kartenterminal eingelesen. Neu ist, dass dabei ein Online-Abgleich der auf der Karte gespeicherten Versichertendaten mit den Daten der Krankenkassen erfolgt. Es wird überprüft, ob die Informationen wie Adresse oder Versichertenstatus noch aktuell sind. Sofern die Krankenkasse Änderungen in ihrem System hinterlegt hat, werden diese nun direkt auf die Karte geschrieben und im Anschluss von der aktualisierten eGK in die Patientenakte der Praxis übertragen. Durch die Praxis selbst werden keine Daten geändert, wenn sich zum Beispiel die Anschrift des Patienten geändert hat. Dies müssen Versicherte weiterhin ihrer Krankenkasse melden. Ungültige sowie als gestohlen gemeldete Karten können so auch gesperrt werden.

Auszahlung der Pauschalen mit Honorarbescheid

Die in der TI-Finanzierungsvereinbarung vorgesehene Abstaffelung der Konnektor-Pauschalen sowie die Höhe aller Erstattungspauschalen sind das Ergebnis der Finanzierungsverhandlungen vor dem Bundesschiedsamt. Die Vertragsarztpraxen müssen die Kosten für die Anschaffung der Geräte und Dienste sowie für die Installation zunächst selbst tragen, erhalten jedoch im Nachgang Pauschalen für die Erstausstattung, den Installationsaufwand sowie für die laufenden Betriebskosten. Für die Höhe der Kostenerstattung ist nicht der Zeitpunkt der Bestellung oder Auslieferung der Komponenten, sondern der Zeitpunkt (Quartal) der Inbetriebnahme und des ersten VSDM relevant.

Sicheres Netz bleibt bestehen

Das Sichere Netz der KVen (SNK) ist an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. Das heißt: Ärzte und Psychotherapeuten erreichen die Anwendungen im SNK künftig über den TI-Konnektor, zum Beispiel um die Online-Abrechnung im Mitgliederportal der KV Sachsen hochladen zu können. Das gilt auch für Praxen, die derzeit nicht an das Sichere Netz angeschlossen sind. Auch sie können dann die Angebote des SNK nutzen. Praxen, die heute das SNK nutzen und auf die TI umsteigen, können ihren KV-SafeNet*-Anschluss mit einer Frist von sechs Monaten kündigen. Im Vorfeld der Kündigung sollten jedoch alle für die Praxis relevanten Anwendungen im SNK über den TI-Anschluss getestet werden. Durch den Wegfall des KV-SafeNet*-Anschlusses müssen sie nicht zwei Anschlüsse parallel betreiben und finanzieren. Sind Ärzten und Psychotherapeuten einzelne Anwendungen im SNK besonders wichtig, sollte – um ganz sicher zu gehen – bei deren Anbieter nachgefragt werden, ob diese Anwendungen nach der Übergangsfrist in der TI erreichbar sein werden.

* Bitte beachten Sie, dass KV-SafeNet nicht mit der Firma SafeNet, Inc., USA, in firmenmäßiger oder vertraglicher Verbindung steht.

Informationen
www.kvsachsen.de > Aktuelles
www.kvsachsen.de > Mitglieder > Telematikinfrastruktur
www.kbv.de > Service > Service für die Praxis > Praxis-IT > Telematikinfrastruktur
www.fachportal.gematik.de
                                                                                                                    – Sicherstellung/ha –

Ist Ihre Praxis fit für die Telematik-Infrastruktur?

Dr. Gunnar Dittrich, Hauptabteilungsleiter in der KV Sachsen, antwortet auf aktuelle Fragestellungen rund um die Telematik-Infrastruktur (TI).

Welche Anwendungen sind für Ärzte mit der Telematik-Infrastruktur möglich?
Zunächst gibt es im Rahmen der TI leider nur das Versicherten-Stammdatenmanagement (VSDM), welches der Arztpraxis lediglich erlaubt, die Aktualität der Stammdaten des Versicherten im Moment des Praxisbesuchs und den aktuellen Versicherungsstatus prüfen zu können. Das empfinden viele Ärzte nicht als ausreichenden Nutzen der TI. In späteren Ausbaustufen folgen dann hoffentlich auch die sinnvollen Anwendungen wie Notfalldatenmanagement (NFDM), Elektronischer Arztbrief (eArztbrief), Elektronischer Medikationsplan (eMP), Elektronische Patientenakte (ePA), auch Elektronische Gesundheitsakte genannt (eGA), und das Elektronische Patientenfach (ePF). Bezüglich der Einführungsreihenfolge hätte sich die KV Sachsen Anwendungen für die Vertragsärzte mit höherer Priorität gewünscht, wie zum Beispiel die elektronische Kommunikation der Leistungserbringer (KomLE), das NFDM oder den eMP.

Wer übernimmt die Kosten für die TI-Anbindung?
Die Kostenerstattung erfolgt durch die gesetzlichen Krankenkassen und wird durch die KV Sachsen realisiert. Grundlage sind der Anschluss an die TI sowie die erfolgreiche Prüfung der Abrechnungsdatei u. a. auf automatisch generierte VSDM-Nachweise oder die Anträge bestimmter Fachgruppen. Danach berechnet die KV Sachsen entsprechend der TI-Finanzierungsvereinbarung und der individuellen Praxiskonstellation die den Ärzten zustehenden Pauschalen. Die Erstattung ist vom Gesetzgeber als Pauschale vorgesehen und hängt nicht von den Kosten ab, die den Praxen tatsächlich entstanden sind. Deshalb bitten wir davon abzusehen, Rechnungen an die KV Sachsen einzusenden. Die Auszahlung erfolgt im Quartalsrhythmus. Das heißt z. B. für alle im ersten Quartal 2018 an die TI angeschlossenen Vertragsarztpraxen mit einem gültigen VSDM-Nachweis in der Quartalsabrechnung erfolgt die Auszahlung der Pauschalen mit dem Honorarbescheid für das erste Quartal 2018.

Was ist bei der Festlegung des Installationstermins zu beachten?
Entsprechend dem eHealth-Gesetz sollen alle Vertragsarztpraxen bis zum 31. Dezember 2018 an die TI angeschlossen sein und die erste Pflichtanwendung, das VSDM, durchführen. Trotz der von der KBV geforderten Fristverlängerung empfiehlt die KV Sachsen ihren Mitgliedern, sofern alle notwendigen Komponenten für den Anschluss an die TI zertifiziert und lieferbar sind, sich bei ihrem PVS-Anbieter über Anschluss und Liefermöglichkeiten zu informieren sowie mögliche Termine zur Installation zu erfragen. Dabei sollten sie sich unbedingt – bevor sie ihr Softwarehaus / Service-Dienstleister für die Lieferung und Installation der TI-Komponenten beauftragen – den Termin für den Anschluss und die Inbetriebnahme schriftlich bestätigen lassen. Ist eine solche Termingarantie nicht möglich, sollte der Vertrag eine Rücktrittsoption enthalten, die im Fall einer Terminüberschreitung und einer dadurch eventuell entstehenden Unterdeckung der Anschaffungskosten durch die TI-Finanzierungspauschalen, den Vertragsarzt vor finanziellen Risiken bewahrt.

Was passiert, wenn Ärzte ihre Praxis nicht auf die TI umstellen?
Laut aktueller Gesetzgebung und heutigem Stand sind Ärzte verpflichtet, spätestens ab 1. Januar 2019 die Versichertenstammdaten auf der eGK online zu prüfen. Der Gesetzgeber verlangt, dass Praxen, die diese Aufgabe nicht erfüllen, das Honorar so lange um ein Prozent gekürzt wird, bis sie dieser Pflicht nachkommen. Dies müsste auch die KV Sachsen umsetzen. Allerdings sehen wir es als nicht realistisch an, dass dieser Termin gehalten werden kann. Deshalb gehen wir davon aus, dass – wie vom Vorstand im Aprilheft im Artikel zum Telematik-Rollout schon erläutert – im ersten Halbjahr 2019 kein Honorarabzug erfolgen wird.

Wie geht es weiter?
Trotz aller Hindernisse – und nach über zehn Jahren ständiger Diskussion – wird das Thema eGK in Verbindung mit der TI nun für alle Sektoren im Gesundheitswesen „greifbar“. Die seit dem 1. Juli 2017 begonnene digitale Vernetzung der Leistungserbringer über Sektorengrenzen hinweg ermöglicht die Entwicklung einheitlicher technischer Standards, u. a. von Schnittstellen und Verzeichnissen zur Gewährleistung der Interoperabilität. Dies ist die Basis einer sektorenübergreifenden Entwicklung weiterer, den Patienten und die ärztliche Tätigkeit unterstützender, Anwendungen. Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass der eMP und das NFDM Ende 2019 an den Start gehen können. Wir als KV Sachsen werden auch zukünftig, soweit uns die Informationen vorliegen und wir entsprechend belastbare Aussagen tätigen können, unsere Mitglieder beraten und informieren.

                                                                                                  – Öffentlichkeitsarbeit/pfl –