Ein neuer Anfang oder der Hausarzt als Lotse im Gesundheitssystem
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist ein kleines bisschen wie ein Déjà-vu: Ein Vertrag mit der AOK PLUS, Infoveranstaltungen in den KV-Bezirken, fast identische Leistungen. Man könnte meinen, dass sich die KV Sachsen gern einmal zusätzliche Arbeit schafft. So ist es aber nicht.
Die erste Auflage des AOK PRIMA PLUS-Vertrages fand ein unrühmliches Ende, nicht weil die Vertragsinhalte unattraktiv waren und an der Realität vorbei schrammten, nein, es war der Hausärzteverband, der gegen dieses Konstrukt mit juristischer Spitzfindigkeit wegen einer wettbewerbsrechtlichen Formalie (… man hätte sich doch auch gern um diesen Vertrag beworben …) klagte – und gewann.
Daraufhin musste der Vertrag beendet werden, die in mühevoller Arbeit umgesetzten vertraglichen Regelungen rannen wie Sand durch die Hände. Die Ärzte waren konsterniert, dass der Vertrag nach nur zwei Quartalen obsolet wurde und sich eine unsägliche Rückabwicklung anbahnte. Kurzum: Unverständnis und Frustration auf Seiten der Kasse, der KV Sachsen und der Ärzte.
Doch die AOK PLUS schrieb den neuen Vertrag europaweit aus. Die KV Sachsen stellte sich der Aufgabe sowie der Verantwortung gegenüber den Hausärzten und trat als Bieter in Erscheinung. Im Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens war die KV Sachsen (da sich der Hausärzteverband – wie erwartet – nicht um eine Teilnahme beworben hatte) der einzige Partner. Jetzt begann die eigentliche Arbeit. Es sollte ein vernünftiger und attraktiver Vertrag entstehen, mit dem alle Beteiligten zufrieden sind. Wenn dieser Vertrag nun vom Sächsischen Hausärzteverband vehement kritisiert wird, ist das erst einmal nicht verwunderlich, verfolgt man dort doch klare eigenwirtschaftliche Interessen. Warum wohl wird von der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft Aktiengesellschaft (HÄVG AG) eine deutlich höhere Verwaltungskostenumlage als von der KV Sachsen erhoben, obwohl hier lediglich eine Abrechnung erfolgt und all die sonstigen vom Gesetzgeber der KV auferlegten Aufgaben wie Sicherstellung, Notfalldienst, Qualitätssicherung, Einhaltung von Wirtschaftlichkeitsvorgaben, Zulassungs- und Ermächtigungsverfahren etc. bei dieser verbleiben? (Zur Information: für Mitglieder des Hausärzteverbandes 3,0 Prozent, für Nicht-Mitglieder des Hausärzteverbandes: 3,5 Prozent. Die Verwaltungskostensätze der KV Sachsen betragen für Online-Proaktive-Abrechner 2,5 Prozent, für Online-Abrechner 2,7 Prozent und für Datenträger-Abrechner 3,0 Prozent.)
Nachvollziehbar ist also der Unmut des Sächsischen Hausärzteverbandes. Ob man sich deshalb so weit von der Sachlichkeit entfernen muss, wie in dessen April-Information mit dem nachfolgenden Passus geschehen, liegt im Auge des Betrachters:
„ … In der nachfolgenden öffentlichen Delegiertenversammlung wurden Beschlüsse zu den nachfolgenden Themen von den Delegierten des Sächsischen Hausärzteverband e. V. gefasst:
[…] 3. Eine Aufforderung an die KVS und die AOK PLUS, ihre Versuche zu unterlassen, durch immer wieder neue Parallelprogramme die hausarztzentrierte Versorgung (HZV) in Sachsen zu sabotieren.“
Um es noch einmal konkret zu sagen: Der Vertrag wurde gerichtlich gekippt, weil der Hausärzteverband behauptete, um die Möglichkeit gebracht worden zu sein, genau diesen Vertrag selbst abzuschließen. Hier erübrigt sich sicher jede Kommentierung.
Im Gegensatz zum Vertrag mit dem Hausärzteverband kann der Arzt bei der Vereinbarung mit der KV Sachsen den Abrechnungsweg über die KV Sachsen beibehalten und auch, falls ihm das einfacher erscheint, die EBM-Ziffern abrechnen. Den Service der Umwandlung in die PRIMA PLUS-Systematik übernimmt die KV Sachsen. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass die Leistungen nach EBM vergütet werden, auch wenn der Versicherte – aus welchen Gründen auch immer – dann doch nicht wirksam in den Vertrag eingeschrieben ist. Zudem muss sich der Arzt nicht in einen neuen Ziffernkranz hineindenken. Der Fairness halber sei allerdings erwähnt, dass es fünf neue Abrechnungsziffern gibt, welche PRIMA PLUS-spezifisch sind. Jedoch betrifft dies Leistungen, die nach EBM gar nicht abrechnungsfähig sind.
Für den Patienten ist die Versorgung aus einer Hand der größte Vorteil. Hier kann der Hausarzt seiner Rolle als Lotse im Gesundheitssystem gerecht werden. Eine abgestimmte Arzneimitteltherapie, Vorsorgeberatung, die Versorgung im häuslichen Umfeld und die gut vernetzte Zusammenarbeit zwischen Haus- und Facharzt sind ganz klar im Interesse des Patienten.
Das Informationspaket haben die Hausärzte bereits Ende März erhalten. Die Informationsveranstaltungen in den Regionen sind in vollem Gange. Nun liegt die Entscheidung bei Ihnen, ob Sie die Teilnahmeerklärung ausfüllen, an die KV Sachsen senden und den Vertrag mit Leben erfüllen wollen.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Ihr Klaus Heckemann