Leistungsschau der KVen: Exzellente Beispiele ambulanter Versorgung prämiert
Auf der Veranstaltung „Ausgezeichnete Gesundheit“ am 28. Februar 2018 in Berlin wurden herausragende Modellprojekte ambulanter Versorgung präsentiert und von einer Expertenjury bewertet. Fünf Projekte in verschiedenen Kategorien wurden ausgezeichnet, darunter auch die Arzneimittelinitiative ARMIN, an der die KV Sachsen beteiligt ist.
Die Vorstellung der Projekte habe gezeigt, wie facetten- und ideenreich die ambulante Versorgung in Deutschland sei, sagte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen. Zudem werde deutlich, „mit welcher Kreativität, Sachkenntnis und mit welchem Engagement sich die Vertragsärzte ihren Patienten widmen“. Zugleich mahnte er die Politik, nicht über eine Zweiklassenmedizin zu spekulieren und die Selbstverwaltung, die sehr gut funktioniere, in dieser Weise zu erhalten, um Stabilität für Ärzte und Patienten zu garantieren. Für außerordentlich wichtig erachte er den Netzausbau, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzubringen.
Darin stimmte er völlig mit Cornelia Prüfer-Storcks überein, die ebenfalls ein Grußwort an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer richtete. Die Hamburger Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz konstatierte, dass sich Deutschland eine „Zettelwirtschaft“ leiste, anstatt konsequent den Netzausbau voranzubringen. Dieser sei aber wichtig, um unter anderem die Telemedizin als Chance für die medizinische Versorgung zu nutzen. Generell sehe sie einen Bedarf an Prozessinnovationen, um Abläufe zu optimieren und zu beschleunigen. Weiterhin solle die sektorenübergreifende Versorgung durch die kassenärztlichen Vereinigungen ausgebaut werden. Die Präsentation der für den Gesundheitspreis nominierten Projekte, die zuvor in einem bundesweiten Auswahlverfahren ermittelt wurden, bezeichnete sie respektvoll als beeindruckende „Leistungsschau der KV en“.
Insgesamt wurden 25 Modelle vorgestellt, die thematisch auf fünf Kategorien verteilt waren. Jeweils drei Minuten Zeit hatte jeder Redner, um sein Projekt vorzustellen und das Besondere aufzuzeigen. Jeweils drei Experten pro Kategorie-Session, zu denen namhafte Vertreter von Kassen und KVen, Gesundheitsminister der Bundesländer und weitere Gesundheitsspezialisten gehörten, diskutierten und stimmten gemeinsam mit dem Publikum über die Preisträger ab.
In der Kategorie „Versorgung mit Sicherheit“ wurde die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen ARMIN ausgezeichnet. Das gemeinsame Projekt von Ärzten und Apothekern basiert auf dem KBV-Medikationskatalog. Alle Medikamente werden erfasst sowie hinsichtlich Doppelverordnungen, Interaktionen und Unverträglichkeiten geprüft. Dr. Anke Möckel, Hauptabteilungsleiterin der Abteilung Verordnungs- und Wirtschaftlichkeitsberatung der KV Thüringen, präsentierte das Modellprojekt stellvertretend für die Projektpartner, zu denen die KV Sachsen gehört.
Zu den nominierten Exzellenzprojekten zählte in der Kategorie „Nachwuchsförderung“ auch das Programm „Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen“, das von Dr. Gunnar Dittrich, Hauptabteilungsleiter in der KV Sachsen, vorgestellt wurde. Die KV Sachsen und die Sächsischen Krankenkassen übernehmen seit 2013 jedes Jahr für bis zu 20 Bewerber die Studiengebühren für ein deutschsprachiges Medizinstudium an der ungarischen Universität Pécs. Dafür verpflichten sich die Studierenden, nach dem Studium eine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu absolvieren und dann für fünf Jahre als Hausarzt in Sachsen außerhalb von Chemnitz, Dresden einschließlich Radebeul sowie Leipzig tätig zu werden.
Prof. Antje Bergmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, präsentierte ebenfalls in der Kategorie „Nachwuchsförderung“ ein bundesweit einmaliges Förderprogramm für Studierende der Medizin. Die Nachwuchsakademie (NWA) der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin bietet ein Mentoring durch Hausärzte, die Unterstützung beim Studium sowie bei der Berufsplanung geben. Die NWA sorgt so für qualifizierten Nachwuchs, der auf die zukünftigen Versorgungsaufgaben bestens vorbereitet ist, und wirkt dem Hausarztmangel entgegen.
Die Projekte tragen alle Modellcharakter, so dass meist ausreichende Testmöglichkeiten bestehen. Nach erfolgter Evaluation sollten sie in die Regelversorgung überführt werden, lautet die Empfehlung der Experten. Dafür ist auch eine höhere Flexibilität der Kassen gefragt.
Die Veranstaltung – eine Kooperation zwischen der Berliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung – fand in diesem Jahr zum ersten Mal statt.
Informationen
www.ausgezeichnete-gesundheit.com
www.tagesspiegel.de
– Öffentlichkeitsarbeit/KBB, pfl –
Erfahrungen zum Modellvorhaben ARMIN aus der Praxis – weitere interessierte Ärzte gesucht
Die Kassenärztlichen Vereinigungen Sachsen und Thüringen, der Sächsische und der Thüringer Apothekerverband sowie die AOK PLUS starteten vor vier Jahren „ARMIN“, die gemeinsame Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen.
Nun sollten Erfahrungsberichte von der ärztlichen Basis erhoben werden. Dazu holten sich die Vertragspartner Unterstützung von der Element44 GmbH. Dort arbeitet Tina Olbrich als Produktmanagerin und besucht zusammen mit den Vertragspartnerberatern der AOK PLUS Sachsen-Thüringen die an ARMIN teilnehmenden Ärzte. Ziel der Besuche ist es, Erkenntnisse aus der Praxis über die Umsetzung des Modellvorhabens zu gewinnen. Dabei sollen die Zufriedenheit mit der Umsetzung der Softwareimplementierung erfragt und Verbesserungen erarbeitet werden.
Die Redaktion der KVS-Mitteilungen sprach mit Tina Olbrich über ihre Tätigkeit.
Frau Olbrich, wie viele Ärzte haben Sie bisher besucht?
Seit August 2017 sind wir in 40 Arztpraxen in Sachsen und Thüringen gewesen.
Wie ist der allgemeine Tenor? Kommt ARMIN an?
Auf jeden Fall! Der Nutzen für die Patienten wurde durch die Praxen schon klar hervorgehoben. Durch die Kenntnis über Facharztverordnungen mittels der durch die AOK PLUS zur Verfügung gestellten Verordnungsdaten, die Ergänzungen des Apothekers zur Selbstmedikation der Patienten und die intensivierte Zusammenarbeit mit der Apotheke ließen sich einige Fehl- bzw. Doppelmedikationen aufdecken. Die Arzneimitteltherapiesicherheit bei den betroffenen Patienten wird gestärkt. Sie fühlen sich dadurch auch besser betreut und nehmen das Medikationsmanagement dankend an.
Welchen Nutzen sehen die Ärzte mit ihrer Teilnahme an ARMIN für sich?
Die Ärzte erkennen, dass sie mit dem jeweiligen Apotheker einen kompetenten Partner in Fragen der Arzneimitteltherapie für die Patienten an ihrer Seite haben, mit dem sie die Verantwortung hierfür teilen können. Diese Zusammenarbeit hat abgesehen von fachlichen Gesichtspunkten auch weitere positive Effekte. Nicht zuletzt ist es die – gegenüber dem gesetzlich vorgeschriebenen bundeseinheitlichen Medikationsplan deutlich höhere – kostendeckende – Vergütung für die Pflege des ARMIN-Medikationsplans, welche positiv gesehen wird.
Um am Medikationsmanagement teilnehmen zu können, werden ein KV-Connect-Konto, ein zertifiziertes Praxisverwaltungssystem (PVS) mit S3C-Schnittstelle und der Zugang zum KV-SafeNet benötigt. Das klingt sehr umfangreich. Wie empfinden das die Ärzte?
Die meisten Voraussetzungen sind schon in der Arztpraxis vorhanden und gelten als allgemeiner Standard im Gesundheitswesen. Viele Ärzte berichten jedoch, dass die Installation der Module durch den PVS-Betreuer verhältnismäßig aufwendig ist und dass es darum in der Vergangenheit auch zu technischen Problemen kam. Werden diese Hürden jedoch genommen, läuft ARMIN gut und stabil. Ich kann jedem Arzt nur empfehlen, es zu versuchen.
Wie versuchen Sie, diese Hürden zu minimieren?
Genau an dieser Stelle setzen unsere Aktivitäten an. Wir nehmen alle technischen Probleme auf und bemühen uns gemeinsam mit den Softwareherstellern um eine praxistaugliche Lösung. Dabei ist es wichtig, alle Fehlermeldungen strukturiert aufzunehmen und bis zur Lösung engmaschig zu verfolgen.
Was konnten Sie bisher erreichen?
Mit den Softwareherstellern pflegen wir einen engen Kontakt, um aufgetretene Probleme schnell zu lösen. In vielen Fällen ist dies auch schon gelungen. In manchen Softwaresystemen konnten bereits einige Verbesserungen mit dem neuen Quartalsupdate Q1 / 2018 umgesetzt werden.
An welchen Stellen gibt es noch Verbesserungsbedarf?
Einige Softwaresysteme sind noch nicht ausreichend anwenderfreundlich. Es muss der Anspruch sein, ein einheitliches Medikationsplanmodul in der Software zu schaffen, welches zwar unter Beachtung der Projektspezifik an manchen Stellen erweitert werden kann, aber von seinen Grundfunktionen her gleich ist. Die gegenwärtige Situation in einzelnen Softwaresystemen stellt sich so dar, dass es bis zu vier unterschiedliche Module zur Pflege eines Medikationsplans gibt. Bei der Verschmelzung dieser Module sollte jedoch darauf geachtet werden, bereits in einzelnen Modulen existierende und nützliche Komfortfunktionen wie beispielsweise eine Reichweitenberechnung zu erhalten.
Als ARMIN Projektpartner sprechen wir uns dafür aus, dass gewisse Grundfunktionen vorgegeben werden, die ein Medikationsplanmodul beinhalten muss. Darüber hinaus bestimmen projektbezogene oder vom Anwender gewünschte Anforderungen die Umsetzung ergänzender Funktionen. Als Beispiel lässt sich der Wunsch nach Verordnung direkt aus dem Medikationsplan heraus benennen, da dies von vielen Ärzten als Übersichtstableau gesehen wird. Um die noch bestehenden Probleme lösen zu können, werden die Projektpartner mit den Beteiligten von Politik und Industrie sprechen.
Wie kommen Ihre Besuche bei den Praxen an?
Sehr gut, die Ärzte freuen sich, ihre Erfahrungen zu teilen. Da ARMIN auch ein Modellvorhaben ist, können Verbesserungen eingebracht und Prozesse optimiert werden. Durch die Besuche vor Ort ist es möglich, manche Probleme sofort zu lösen. Vielfach können wir auch einige Tipps zum besseren Umgang mit der Software geben, falls Schulungsinhalte zum neuen Modul nicht mehr ausreichend präsent sind oder von den PVS-Betreuern in dem Maße nicht vermittelt werden konnten.
Wir geht es nun weiter?
Die Besuche werden von mir und den Vertragspartnerberatern der AOK PLUS weitergeführt. Ziel ist es, die Praxen weiterhin qualifiziert bei der Umsetzung von ARMIN zu unterstützen und als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Gern möchten wir weitere interessierte Ärzte für das Modellvorhaben gewinnen.
Kontakt
Produktmanagerin Tina Olbrich
Telefon: 0176 34 266 378
E-Mail: olbrich@element44.de
Information:
www.kvsachsen.de > ARMIN
– Öffentlichkeitsarbeit/olb, pfl –