Mit großer Motivation und Durchhaltevermögen
Jedes Jahr werden mit dem Modellprojekt „Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen“ 20 Studenten gefördert, die im deutschsprachigen Studiengang Humanmedizin an der Universität Pécs in Ungarn studieren.
Das sächsische Modellprojekt wurde 2013 von der KV Sachsen und den sächsischen Krankenkassen mit dem Ziel ins Leben gerufen, Hausärzte für die Niederlassung in ländlichen Regionen Sachsens zu gewinnen. In einem mehrstufigen Bewerbungsverfahren wählen die KV Sachsen und die ungarische Universität 20 Abiturienten für das in Pécs stattfindende Studium aus. Den Studierenden werden die Studiengebühren für die Dauer der Regelstudienzeit von zwölf Semestern finanziert. Im Gegenzug verpflichten sich diese, im Anschluss an ihr Studium die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu absolvieren und für mindestens fünf Jahre als Hausarzt in Sachsen außerhalb der Städte Chemnitz, Leipzig und Dresden einschließlich Radebeul tätig zu sein.
Doch dieser Weg steht nicht nur frischgebackenen Abiturienten offen. Mancher Bewerber erfüllt sich so über Umwege seinen Traum vom Medizinstudium, wie zum Beispiel Benjamin Sohr aus Chemnitz: Der 27-Jährige ist seit 2015 Teilnehmer am Modellprojekt „Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen“ und beantwortete die Fragen der Redaktion.
Wie gefällt es Ihnen an der Universität Pécs?
Ich habe natürlich keinen direkten Vergleich zu Deutschland, aber von Kommilitonen, die wechselten, habe ich gehört, dass es in Pécs viel familiärer zugeht. Von den über 200 Studenten, mit denen ich das Studium begonnen habe, kannte ich nach kurzer Zeit fast jeden persönlich. Man ist zirka 1.000 Kilometer von der Heimat entfernt, in einem fremden Land mit komplizierter Sprache. Das schweißt zusammen. Viele teilen ihre Ausarbeitungen untereinander, um sich gegenseitig zu helfen. Pécs ist eine wunderschöne Stadt mit sehr vielen jungen Menschen. An Kultur, aber auch Partymöglichkeiten, mangelt es nicht. Ich fühle mich hier schon richtig zu Hause.
Warum haben Sie sich für dieses Projekt interessiert?
Ich muss zugeben, dass ich nach einer Alternative zur Zentralen Vergabestelle für Studienplätze gesucht habe. Nach meinem Realschulabschluss absolvierte ich eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Danach habe ich insgesamt sechs Jahre lang auf einer Schmerz- und Palliativstation gearbeitet und zeitgleich mein Abitur – drei Jahre lang – am Abendgymnasium Chemnitz nachgeholt. Das war eine schöne, aber sehr anstrengende Zeit. Diese hat auch ihren Tribut gefordert und mündete in einem nicht so optimalen Abiturschnitt. Bei der Zentralen Vergabestelle interessiert sich aber niemand für die Umstände oder das bewiesene Durchhaltevermögen, sondern dort ist man leider nur eine Antragsnummer mit einer „schlechten“ Abiturnote: 2,6.
Hatten Sie sich schon an einer Universität in Deutschland für das Medizinstudium beworben?
Ich hatte mich in Deutschland zwei Jahre lang beworben und war in aussichtsloser Position. Plan B wäre das Warten gewesen, aber dann hätte ich in zehn Jahren einen Platz bekommen und wahrscheinlich auch nicht mehr studiert. Dank der KV Sachsen kann ich meinen Traum vom Medizinstudium leben.
Was unterscheidet die Bewerbungsverfahren voneinander?
Ich habe mich mit Motivationsschreiben und Lebenslauf bei der KV Sachsen beworben und wurde zum Intelligenz- und Motivationstest eingeladen. Die KV Sachsen hat mit ihrem Auswahlverfahren einen Weg eingeschlagen, der besser für mich war. Ich hatte die Möglichkeit, mich in einem persönlichen Vorstellungsgespräch zu präsentieren und meine Beweggründe darzulegen. Ich glaube, dass Studenten mit großer Motivation und Durchhaltevermögen durchaus erfolgreicher sein können als achtzehnjährige Einser-Abiturienten.
Wollten Sie schon immer Arzt werden?
In meiner Zeit an der Realschule habe ich mich wohl nicht so intensiv für die schulischen Dinge interessiert. Für mich war Sport sehr wichtig. Trotz guter Noten entschied ich mich nicht für das Gymnasium, sondern für eine Ausbildung. Danach habe ich sehr hart gearbeitet und merkte, dass ich die Power habe, das Abitur nachzuholen. Tatsächlich gab mir mein Berufswunsch, Arzt zu werden, das nötige Durchhaltevermögen.
Wissen Sie schon, wie es nach Ihrem Studium und der Weiterbildung weitergehen soll?
Als die Idee mit dem Studium in Ungarn und der damit verbundenen Verpflichtung für die KV Sachsen aufkeimte, habe ich mich immer mehr mit dem Gedanken der Allgemeinmedizin angefreundet. Mittlerweile ist das mein absolutes Ziel! Am liebsten würde ich mich in der Region Chemnitzer Land niederlassen. Meine Patenpraxis befindet sich in Oberrothenbach, das zu Zwickau gehört. Aber eigentlich ist es überall in Sachsen schön.
Herzlichen Dank für das Interview!
Vom 1. bis zum 31. Januar 2018 können sich interessierte Abiturienten, die einen Abiturdurchschnitt von mindestens 2,6 erreicht haben oder 2018 erreichen werden sowie wenigstens zwei naturwissenschaftliche Fächer (Biologie, Chemie oder Physik) in der Sekundarstufe II belegt haben, für einen Studienplatz im deutschsprachigen Studiengang Humanmedizin an der Universität Pécs bewerben.
Schriftliche Bewerbungen
Kassenärztliche Vereinigung Sachsen
Landesgeschäftsstelle
„Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen“
Schützenhöhe 12
01099 Dresden
Weitere Informationen
www.kvsachsen.de > Förderung > Modellprojekt „Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen“
– Öffentlichkeitsarbeit/pf, sp –