Rabattverträge für Impfstoffe vor dem Aus!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sicher werden Sie sich wundern, wieder einmal von mir etwas zu lesen, obwohl ich eigentlich versuche, meinen Ruhestand zu genießen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch weiterhin mit Interesse die Entwicklung der Berufspolitik verfolge.
So habe ich kürzlich mit großer Freude und Genugtuung gelesen, dass die Zeit der Impfstoff-Rabattverträge passé ist. Die KV Sachsen hat sich schon seit Jahren dafür eingesetzt, die Auswahl des Influenza-Impfstoffs wieder dem ärztlichen Sachverstand zu überlassen, anstatt sich Jahr für Jahr von den Krankenkassen den einzusetzenden Impfstoff vorschreiben zu lassen.
Bereits in meinem Editorial in der Sommerausgabe des Jahres 2014 habe ich vehement die Abschaffung der Impfstoff-Rabattverträge gefordert und unsere Argumente dafür vorgetragen. Leider gab es auf der Kassenseite genügend Gegenwehr, um den Prozess zu verzögern.
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (AMVSG) hat der Gesetzgeber endlich die Möglich-keit gestrichen, Rabattverträge über Impfstoffe abzuschließen. Konsens herrscht darüber, dass der Abschluss neuer Rabattverträge für Impfstoffe nun nicht mehr möglich ist. Raum für Interpretationen lassen jedoch die bereits vor Inkrafttreten des AMVSG geschlossenen Verträge. Während die Hersteller nichtrabattierter Influenza-Impfstoffe zu Recht die Verordnungsfähigkeit aller Impfstoffe propagieren, pochen die Krankenkassen auf die Einhaltung der noch bestehenden Rabattverträge. Mittendrin in diesem Tauziehen finden – wie so oft – wir Vertragsärzte uns wieder.
Doch wie können derart divergierende Ansichten entstehen? Grundsätzliches Ziel des Gesetzgebers war es, das Spektrum verfügbarer Impfstoffe zu erhöhen, da die Rabattverträge als Faktor von Lieferengpässen verantwortlich gemacht wurden. Im Gegensatz zu den Zytostatika-Rabattverträgen, deren Laufzeit auf drei Monate nach Inkrafttreten des AMVSG beschränkt wurde, hat der Gesetzgeber, aus welchen Gründen auch immer, kein vorzeitiges Ende der Impfstoff-Rabattverträge verankert. Somit behalten Impfstoffrabatte aufgrund der gesetzlichen Regelungen bis zum Auslaufen der Verträge, zumindest aus der Sicht der Krankenkassen, ihre Gültigkeit.
Für die Vertragsärzte stellt sich die Situation nun folgendermaßen dar: Leider müssen wir trotz des hehren Ziels, die Impfquoten zu steigern, das uns auferlegte Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. Analog zu den Vorjahren gelten rabattierte Impfstoffe als wirtschaftlich. Sofern aus medizinischen Gründen erforderlich, können auch nicht rabattierte Impfstoffe eingesetzt werden. In welchem Ausmaß bzw. Verhältnis die Krankenkassen nicht rabattierte Impfstoffe akzeptieren, bleibt abzuwarten. Bis es also wirklich zu einer vorrangig dem ärztlichen Sachverstand verpflichteten Auswahl des Influenza-Impfstoffs kommen kann, wird leider noch etwas Zeit vergehen.
Die AOK PLUS hatte stellvertretend für die weiteren Krankenkassen in Sachsen bereits vor Inkrafttreten der neuen Regelung vergangenes Jahr Rabattverträge bis in die Influenza-Impfsaison 2018/2019 abgeschlossen. Es bleibt nun abzuwarten, ob in der nächsten Saison von Seiten der Krankenkassen noch auf deren Einhaltung bestanden wird. Am Beispiel der Impfstoff-Rabattverträge zeigt es sich: Es lohnt sich, immer wieder auf Missstände bzw. Unzulänglichkeiten im System hinzuweisen, auch wenn der Erfolg manchmal lange auf sich warten lässt.
In diesem Sinne möchte ich Sie alle dazu ermuntern, bleiben Sie auch weiterhin mit Ihren berechtigten Forderungen und dem ärztlichen Sachverstand hartnäckig. Ein Erfolg stellt sich meist früher oder später doch ein.
In diesem Sinne verbleibe ich mit den besten kollegialen Grüßen
Ihr Claus Vogel